thema der Wohnungswirtschaft
N°1 – Der perfekte Sturm

Bauen mit Holz

Quelle: freepik.com
Quelle: Wald und Holz NRW

„Holz bildet die Basis für eine der größten Wirtschaftsbranchen im Land“

Im Interview verrät uns Diplom-Forstingenieur (FH) Martin Schwarz, Mitarbeiter bei Wald und Holz NRW und Leiter des Sachgebietes „Holzverwendung / Holzbau“ im Team Holzwirtschaft, welche Potentiale er für das Bauen mit dem nachwachsenden und traditionellen Rohstoff Holz im Wohnungsbau sieht. Seine Aufgaben sind der Wissenstransfer und die Kommunikation zum Bauen mit Holz. Die Institution, für die er arbeitet, ist seit vielen Jahren ein Kooperationspartner des VdW Rheinland Westfalen. Wald und Holz NRW informiert regelmäßig in Seminaren zu unterschiedlichen Aspekten des Holzbaus und ist auch für Wohnungsunternehmen und -genossenschaften ein kompetenter Ansprechpartner bei Projekten, in denen Holz zum Tragen kommt.

Quelle: GWG Rhein-Erft

Passen die Rahmenbedingungen?

Der Einsatz von Holz kann einen Beitrag zur ressourcenschonenden und nachhaltigen Entwicklung des Bauwesens leisten. Im Vergleich zu anderen Materialien ist Holz ein nachwachsender Rohstoff, sodass Holz als Bau- und Werkstoff eine große ökologische und klimapolitische Bedeutung zukommt. Die am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Bauordnung 2018 enthielt daher wesentliche Anpassungen, um das Bauen mit Holz in Nordrhein-Westfalen zu erleichtern.
Zusätzlich hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW) im Rahmen der Wohnraumförderung ein neues Zusatzdarlehen für Bauvorhaben mit einem hohen Holzanteil eingeführt. Mit den Anpassungen in der Bauordnung wurden bereits 2019 die baurechtlichen Rahmenbedingungen für das Bauen mit Holz im Geschosswohnungsbau in Nordrhein-Westfalen verbessert. Bis zum Inkrafttreten der Bauordnung 2018 war der Holzbau in NRW nur bis zu drei Geschossen zulässig.

Quelle: SWB Mülheim

Sicherheit und Nachhaltigkeit vereint

18 Monate Bauzeit waren ursprünglich für den Bau der neuen Rettungswache Nord an der Augustastraße vorgesehen. Fertig geworden ist die SWB mit dem Holzbau bereits nach 16 Monaten. Am Donnerstag, 15. August 2024, konnten die Geschäftsführer der SWB, Sven Glocker und Oliver Ahrweiler, die Schlüssel für den Neubau an den Mülheimer Oberbürgermeister Marc Buchholz und den Leiter der städtischen Feuerwehr, Sven Werner, übergeben. Lange Zeit hatte die Stadt nach dem geeigneten Platz für die dringend benötigte Rettungswache gesucht, sollte doch jedes Haus auch im Mülheimer Norden nach einem Notruf innerhalb von fünf bis sechseinhalb Minuten erreichbar sein. Die SWB bot schließlich an, die Feuerwache auf ihrem Grundstück an der Augustastraße/Ecke Gustavstraße zu errichten. Die alten Gebäude auf dem Grundstück, die übergangsweise als Geflüchtetenunterkunft genutzt wurden, wurden nicht mehr benötigt und sollten deshalb abgerissen werden.

Quelle: Brigida Gonzalez

Baustoff mit Tradition und Zukunft

In den letzten Jahren gewann der Holzbau stetig an Bedeutung, wenn es um die Themen klimafreundliche, serielle und ökologische Bauweise geht. Doch kann der Holzbau Antworten auf die derzeitigen Problematiken in der sozial orientierten Wohnungswirtschaft im Hinblick auf den Neubau von bezahlbaren Wohnungen und im Klimaschutz liefern? Das Bauen mit Holz wird im Wohnungsbau zunehmend wichtiger, nicht nur wenn es um das ökologisch nachhaltige Bauen geht, auch das serielle Bauen in Holztafel- oder Holzmodulbauweise gewinnt aufgrund seiner Schnelligkeit an Bedeutung. Mit dieser Schnelligkeit sollte auch auf die Wohnungsknappheit in Deutschland reagiert werden. Das waren zentrale Aspekte auf dem 16. Europäischen Kongress (EBH) in Köln. Um die Potentiale des Bauens mit Holz voll ausschöpfen zu können, sind wohnungspolitische und bürokratische Erleichterungen unausweichlich. Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie Erfahrungs-werten aus anderen Ländern stellt die Überarbeitung und Anpassung der Muster-Holzbaurichtlinie eine entscheidende Stellschraube dar.

Quelle: ARCHPLAN GmbH, Münster

Hoch hinaus! Aber wie?

Bezahlbarer Wohnungsbau ohne Flächenversiegelung? Es gibt Potentiale, die in Deutschland kaum genutzt werden – Aufstockungen von Bestandsgebäuden. Eingeschossige Supermärkte mit Parkplatzflächen, Garagenanlagen, Park and Ride-Parkplätze, zwei- bist dreigeschossige Wohnanlagen aus den 1950er- bis 1990er Jahren, leerstehende Büro- und Verwaltungsgebäude. Durch Aufstockungen könnten neue Wohnungen entstehen, ohne neue Flächen zu versiegeln. Die Kosten für den Erwerb von neuem Bauland und die anschließenden Baukosten könnten auch in die Aufstockung und energetische Modernisierung der Bestände investiert werden. Allein durch das Potential der Aufstockung, könnten laut einer Pestel-Studie in der Gesamtheit, je nach Gebäudetypologie, bis zu 1,5 Mio. Wohnungen in Deutschland gebaut werden. Das Hybrid-Seminar „Aufstockungen in Holzbauweise“ stellte eine Methode vor, die mit dem traditionellen, nachwachsenden und klimagerechten Baustoff Holz eine nachhaltige Option bietet.

Quelle: GdW

Serielles und modulares Bauen 2.0

Einen wichtigen Lösungsbaustein für mehr Tempo beim bezahlbaren Wohnungsbau hat der GdW gemeinsam mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und dem Bundesbauministerium am 9. November 2023 in Berlin präsentiert: Die neue Rahmenvereinbarung Serielles und modulares Bauen 2.0 liefert im Zuge eines europaweiten vergaberechtlichen Ausschreibungsverfahrens 25 zukunftsweisende Konzepte für schnellen, kostengünstigen Wohnungsbau in hoher Qualität. Mitgliedsunternehmen des GdW können die innovativen Wohnungsbaukonzepte von 20 Bietern und Bietergemeinschaften künftig realisieren und damit einen wesentlichen Beitrag für mehr bezahlbares Wohnen leisten.

Quelle: WohnBau MG

Ökologie trifft Betreuung

Den erschwerten Rahmenbedingungen durch Baukostensteigerungen und Materialengpässen zum Trotz hat das VdW-Mitgliedsunternehmen WohnBau Mönchengladbach kurz vor Jahresende 2021, im Januar und im April 2022 mit dem Bau von drei Kindertagesstätten in drei verschiedenen Stadtteilen von Mönchengladbach begonnen. Auf einer Konversionsfläche eines Schulareals, in direkter Nachbarschaft zu einer Grundschule, einer Förderschule und einer Turnhalle wurde der erste Entwurf zusammen mit dem Architekturbüro Brings Architekten im Stadtteil Mönchengladbach-Odenkirchen realisiert. Die Bauweise der 3-zügigen Kita, mit einer Nutzfläche von 530 m² und einem Betreuungsangebot für 50-60 Kinder, folgt der städtischen Gesamtstrategie in Mönchengladbach im Sinne der Nachhaltigkeit. Der Umweltgedanke, Klimaschutz und Ressourcenschonung haben hierbei eine hohe Priorität. Durch den Einsatz moderner Wärmepumpentechnik in Kombination mit einer Photovoltaikanlage wird bei den KiTas komplett auf fossile Brennstoffe als Energiequelle verzichtet.

Quelle: VdW Rheinland Westfalen

Bilderserie

Auf dem Holz-Pfad:
Holzbau-Fachreise nach Skandinavien