Klimaneutralität
- Im Gespräch
„Auch auf dem Land werden die Mieten steigen müssen“
Auch in ländlichen Gebieten müssen Wohnungsunternehmen und -genossenschaften auf klimaneutrales Wohnen hinarbeiten. Nur unter ganz anderen wirtschaftlichen Bedingungen als in Städten. Im rheinland-pfälzischen Birkenfeld etwa lässt der Wohnungsmarkt kaum Spielraum für Investitionen zu, sagt Michael Schunck, Geschäftsführer der Kreissiedlungsgesellschaft Birkenfeld (KSG). Er berichtet, wie er trotzdem die Wärmewende stemmen möchte. Unser Gebäudebestand, der sich über den Landkreis Birkenfeld verteilt, besteht nahezu ausschließlich aus kleineren Häusern mit zwei bis sechs Wohneinheiten, überwiegend aus den 1950er- bis 1970er-Jahren, unsere Durchschnittsmiete liegt bei etwa 4,80 Euro pro Quadratmeter kalt. Eine neue klimafreundliche Heizung, zum Beispiel eine Wärmepumpe, kostet etwa 30.000 Euro – auf dem Land wie in der Stadt und völlig unabhängig davon, ob mir nun vier Euro oder 20 Euro Mietertrag zur Verfügung stehen. Irgendwie muss ich es refinanzieren – neben den zahlreichen anderen Instandhaltungen, die ein älteres Mietwohnhaus nun mal so verlangt. In der Konsequenz werden also auch bei uns auf dem Land die Mieten steigen müssen, im Verhältnis zur bisherigen Miete prozentual wohl sogar viel stärker als in Städten. Das gilt auch für unseren Bestand, dabei kalkulieren wir als kommunalnahes Unternehmen schon immer nur mit einer schwarzen Null, also nicht mit hohen Gewinnen. Leider leistet uns die Mietwohnraumförderung auch keine wirkliche Hilfe. Unsere Region ist in eine niedrige Mietenstufe eingruppiert, womit die Fördermiete für untere Einkommen auf 5,30 Euro begrenzt ist. Damit ist noch nicht einmal eine schwarze Null hinzubekommen. chunck: Ich muss meinen Vorgängern im Amt dankbar sein, dass sie in weiser Voraussicht bereits Ende der 1990er-Jahre mit der Wärmedämmung des Gebäudebestands begonnen haben. Stand heute sind deshalb bereits rund 90 % unserer 148 Wohnhäuser gedämmt, wenn auch nicht unbedingt nach neuestem energetischen Standard. Damit verfügen wir zunäc
- Kommunalpolitische Sommertour
Wege zu Klimaneutralität und bezahlbarem Wohnen im Quartier
Ob vor Ort bezahlbare Wohnungen entstehen können, haben zu einem guten Teil die Kommunen in der Hand. Der VdW Rheinland Westfalen besuchte deshalb am 20. und 21. August 2025, im Vorfeld der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl, die am 14. September 2025 stattfinden wird, in neun Städten Projekte von Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften des Verbands. Im persönlichen Austausch mit Verantwortlichen aus Kommunal-, Landes- und Bundespolitik ging es darum, wie bezahlbares und klimaneutrales Wohnen vor Ort gelingen kann. Geeignete Fördermittel, ausreichend Bauland zu bezahlbaren Preisen, die klimagerechte Ertüchtigung von Beständen aus den 50er, 60er oder 70er Jahren, bezahlbare Neubauten, bürokratische Vereinfachungen, Digitalisierung und vor allem bezahlbare Mieten waren die Themen, die dabei am häufigsten zur Sprache kamen – gleich ob bei Genossenschaften, kommunalen oder privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen. Die Sommerreise unter dem Titel „Wege zur Klimaneutralität im Wohnquartier – wie geht es bezahlbar?“ führte nach Grevenbroich, Tönisvorst, Düsseldorf, Mülheim, Velbert, Wuppertal, Witten, Schwerte und Dortmund. Der Bau mit Holz, serielles Bauen, serielles Sanieren, innovative Quartierskonzepte, für all das stehen die ausgewählte Projekte, die zeigen, dass die sozial orientierte Wohnungswirtschaft bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, dafür aber verlässliche Rahmenbedingungen und kommunale Unterstützung benötigt.
- Interessenvertretung
"Ich glaube, dass die Botschaft in der Politik angekommen ist"
Wie die gesamte sozial orientierte Wohnungswirtschaft hat sich Alexander Rychter an den Krisenmodus längst gewöhnt. Hohe Baukosten, sinkende Baugenehmigungszahlen, steigende Mieten sind längst zum Normalzustand geworden. Doch inzwischen hat der VdW-Verbandsdirektor ein wenig Hoffnung geschöpft, wie er im Gespräch verrät. Denn in die Bundes- und Landespolitik ist Bewegung geraten. Außerdem verbreiten sich innovative Ansätze, wie beispielsweise die serielle Sanierung, immer weiter. Im auf diese Weise sanierten Wohnquartier der Beamten-Wohnungs-Baugenossenschaft in Düsseldorf-Stockum, spricht Rychter darüber, wie bezahlbares klimagerechtes Wohnen gelingen kann.
- Draufgeschaut
Bauen mit schwachem Holz
Eichenschwachholz eignet sich nicht für Konstruktionen und muss deshalb verbrannt werden? Stimmt nicht. Notre-Dame in Paris wurde mit naturgetrockneten und teilweise Schwachholz-Eichenstämmen wieder aufgebaut. Und eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Trier, Freiburg und Mainz haben nun ein Verfahren entwickelt, wie sich solches Holz standardmäßig auch für offene Hallen und Carports einsetzen lässt. Dass er mit seinen 67 Jahren noch einen Nachwuchspreis gewinnen würde, hätte Prof. Dr. techn. Wieland Becker wirklich nicht gedacht. Und doch stand der ehemalige Holzbauprofessor der Hochschule Trier Ende November 2024 in Berlin mit dem jungen Firmengründer von CLTECH Kaiserslautern und dem verantwortlichen Tragwerksplaner des Gesamtprojektes, Michael Bormann, auf der Bühne, um den Nachwuchspreis des Deutschen Ingenieurbaupreises entgegenzunehmen. Basierend auf seinen Forschungsarbeiten zum Thema „Hybride Tragwerke aus Eichenschwachholz“ hat das Holzbauunternehmen eine Halle mit 34 m Spannweite errichtet, deren Dachstuhl mit Eichenschwachholz konstruiert wurde. Eichenschwachholz werden Eichenstämme genannt, die einen Durchmesser zwischen 20 und 30 Zentimeter aufweisen (gemessen auf einer Höhe von 1,80 Meter). Diese Bäume werden von Förstern standardmäßig aus dem Wald entfernt und meist zu Brennholz oder Industrieholz verarbeitet. Das im Holz gebundene CO2 wird normalerweise durch den Kamin ausgestoßen. Für Wieland Becker eine zu eingeschränkte Verwendung. „Jahrhundertelang wurde mit diesem Eichenschwachholz gebaut, Kirchenstühle zum Beispiel“, berichtet er. Auf diese Weise sei auch Notre-Dame wieder aufgebaut worden – in alter Zimmermannstechnik mit naturgetrockneter Eiche auch aus schwächeren Durchmessern. Und diese Konstruktionen hätten Bestand. „Ich habe schon Kirchenstühle begutachtet, die noch Jahrzehnte gehalten hätten, wenn niemand auf die Idee gekommen wäre, dort luftdichte Türen und Fenster einzubauen.“ Voraussetzung: überdacht und „luftumspült“.
- Aus dem Verband
VdW Rheinland Westfalen gründet Arbeitsgruppe "Klima und Energie"
Die Aufgabe, ihre Wohnungsbestände klimaneutral zu gestalten, ist für Wohnungsunternehmen und -genossenschaften eine Herkulesaufgabe. Um sie besser zu bewältigen, gibt der VdW Rheinland Westfalen seinen Mitgliedern nun eine neue Austauschplattform: die Arbeitsgruppe "Klima und Energie". Die VdW-Umfrage zur kommunalen Wärmeplanung und zu erneuerbaren Energien aus dem Januar 2025 hatte gezeigt, dass viele Wohnungsunternehmen und -genossenschaften sich längst mit der klimaneutralen Umstellung ihrer Bestände beschäftigen und ihre Neubauten CO2-arm und energieeffizient planen. Die Umsetzungsstrategien sind dabei vielfältig – von Mieterstrom über digitale Heizungskeller bis hin zur Planung eigener Nahwärmenetze. In der neuen AG können die Mitglieder nun von den Erfahrungen der anderen profitieren. Wer hat bereits Lösungen entwickelt, welche davon funktionieren gut und welche eher weniger? Wo können Projekte als Vorbilder gesehen werden und was kann man auch aus weniger erfolgreichen Projekten lernen? Wo können Synergien geschaffen und Lösungen für eine erneuerbare Energieversorgung gemeinsam umgesetzt werden? Diese und viele weitere Fragen sollen im Rahmen der Arbeitsgruppe erörtert werden – ganz nach den Vorstellungen der Mitglieder. Die Arbeitsgruppe richtet sich an Wohnungsunternehmen und -genossenschaften im VdW Rheinland Westfalen, die sich mit klimaneutralen Lösungen für ihre Bestände beschäftigen, bereits Projekte umgesetzt haben oder gerade in der Planung sind, und Bedarf nach einem Austausch mit Gleichgesinnten haben. Auf das aktive Mitwirken in der Arbeitsgruppe wird geachtet. "Die Arbeitsgruppe ermöglicht auch die Zusammenarbeit in Fokusgruppen zu speziellen Themen. Die Mitglieder sind dabei gleichzeitig auch Ansprechpartner für die Verbandsarbeit", sagt VdW-Referentin Lena Weinert, die die Arbeitsgruppe organisiert.
- Abschied aus Geno-Sparte
„Es darf sich keine ideologische Denkweise einstellen“
Mehr als 20 Jahre lang hat sich Franz-Bernd Große-Wilde im VdW Rheinland Westfalen für Wohnungsgenossenschaften engagiert, zuletzt war er Vorsitzender der Genossenschaftssparte im Verband. Am 11. Februar 2025 gibt er den Vorsitz ab, weil er in die Geschäftsführung einer GmbH wechselt. Wir haben mit dem 57-Jährigen darüber gesprochen, wie ihn der Genossenschaftsgedanke weiterhin prägen wird – und in welche Richtung sich Wohnungsgenossenschaften künftig verändern müssen, um sich zukunftsweisend aufzustellen.
- Beispielhaft
Voll unter Strom in Unna
Pultdächer und Außenfassade mit Photovoltaik-Modulen versehen, Batteriespeicher im Technikraum, Infrarot-Paneele an der Decke in den Wohnungen: Die Unnaer Kreis-Bau- und Siedlungsgesellschaft (UKBS) setzt auch bei der Wärmeversorgung im Neubau voll auf Strom. Energieautark sein und dabei so wenig Technik wie möglich verwenden: So lautete das Ziel der UKBS in Unna bei ihren fünf Neubauten im Stadtteil Königsborn, die sie Ende 2023 fertiggestellt hat. Es werden beispielsweise keine Wärmepumpen eingesetzt. Die Wärme kommt aus Infrarot-Paneelen an den Decken in den Wohnungen. Der Strom dafür kommt aus einer Photovoltaikanlage, die die Pultdächer komplett und Teile der südlichen Fassade umfasst. Die Solarmodule produzieren bis zu 75 Kilowatt pro Stunde Strom, jedes Haus verfügt über einen 77-Kilowatt-Batteriespeicher. Und auch die dicken Ziegelaußenwände sind wichtig: Sie machen nicht nur ein Wärmedämmverbundsystem überflüssig, sie speichern auch die Wärme in den Wohnungen und geben sie nach und nach wieder ab, wenn die Heizung nicht läuft.
- Wärmepotenziale
Welche Energieform wird vorherrschen, wenn NRW klimaneutral wohnt?
Klaus Vogel war als Experte des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) an der Wärmepotenzialanalyse für Nordrhein-Westfalen beteiligt, die Anfang September vorgestellt wurde. Erforscht wurde, wo in NRW welches Potenzial an erneuerbaren Wärmequellen existiert. Wie hat das LANUV die Daten zusammengetragen - und wleche Energieform wird in Zukunft seiner Meinung nach vorherrschen? Ein Gespräch.
- VdW-Verbandstag 2024
Die Wohnungswirtschaft im Umbruch
Die Wohnungswirtschaft befindet sich in einem noch nie dagewesenen Umbruch: Bis 2045 soll Wohnen klimaneutral sein. Wie die Energie- und Wärmewende beim Wohnen bezahlbar und klimagerecht umsetzbar ist – darüber wurde am 4. und 5. September auf dem VdW-Verbandstag 2024 in Dortmund diskutiert. Um klimaneutrales Wohnen zu ermöglichen, gibt es zwei wesentliche Stellschrauben: zum einen dafür sorgen, dass das Gebäude wenig Energie verbraucht, zum anderen die Energieversorgung auf klimaneutrale Energieträger umstellen. Beide wesentliche Maßnahmen waren Gegenstand der Diskussionen auf der Bühne im Kongresszentrum Dortmund.
Unter anderem mit dabei: NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, der Staatssekretär im Bundesbauministerium Dr. Rolf Bösinger, NRW-Bau-Staatssekretär Daniel Sieveke, Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten und KlimaUnion-Vorsitzender Niklas Benner. Dabei erklärte VdW-Präsidentin Marion Sett, dass die Wohnungswirtschaft nicht nur einfach Lösungen von der Politik einfordert. „Auch wir sehen uns in der Verantwortung, klimagerechtes bezahlbares und generationengerechtes Wohnen zu ermöglichen“, sagte sie zu mehr als 400 Teilnehmenden.