Das Gesicht des Unternehmens zeichnen
„Warum sollte ich zu diesem Unternehmen gehen und nicht woandershin?” Die Antwort auf diese zentrale Frage von Bewerberinnen und Bewerbern gibt die Arbeitgebermarke –
das Employer Branding. Ein Langzeitprojekt, dem sich auch Wohnungsunternehmen und-genossenschaften widmen sollten.
Vera Koltermann
Vera Koltermann berät seit mehr als 20 Jahren Unternehmen in markenstrategischen Fragen und kulturellen Transformationsprojekten. Sie ist Gründerin des Employer-Branding-Partner-Netzwerks Lucky you und doziert an der Akademie der Ruhr-Universität Bochum zum Thema.
Gastbeitrag von:
Gründerin des Employer-Branding-Partner-Netzwerks Lucky you und Dozentin an der Akademie der Ruhr-Universität Bochum
Was ist Employer Branding?
Employer Branding (dt.: Arbeitgebermarke) zeichnet gewissermaßen das Gesicht des Unternehmens, es hebt die einzigartigen und verbindenden Kulturmerkmale einer Organisation derart pointiert und glaubwürdig erlebbar hervor, dass diese nach innen identitätsstiftend und verbindend sowie nach außen attraktiv und differenzierend wirken. Kurzum: Es ist eben die Antwort auf die Frage: „Warum zu euch und nicht woandershin?“
Aus diesem Grundverständnis heraus werden Arbeitgebermarken idealerweise von innen heraus unter aktiver Beteiligung der Belegschaft entwickelt. Dieses Vorgehen steigert Akzeptanz und Glaubwürdigkeit der Botschaft, erleichtert die spätere Umsetzung (auch von Veränderungsprozessen) und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeitende später zu Fürsprecherinnen und Fürsprechern der Arbeitgebermarke werden.
Es fördert aber auch die Entwicklung eines unterscheidbaren Vorstellungsbildes. Statt zu schauen, was andere Arbeitgeber tun, richtet sich der Blick nach innen und auf die eigenen Stärken und Kulturmerkmale.
Zusätzlich sollte ein Abgleich der bisherigen und zukünftigen Positionierung und Außendarstellung mit denen des Wettbewerbsumfelds und Zielgruppenpräferenzen erfolgen. Das unterstützt die Abgrenzung zum Wettbewerb sowie die Ausarbeitung einer strategisch fundierten Kreativkampagne und einer zielgerichteten Ansprachestrategie. Dabei gilt es kulturelle Erkennungssignale zu setzen, um Kandidatinnen und Kandidaten entscheidungskompetent zu machen. Statt nur auf fachliche Passung zur Tätigkeit zu achten (das ist der Fokus im Recruiting), betont Employer Branding die Passung von Werten und Einstellung. Am Ende sind das zwei Seiten der gleichen Medaille: Das eine geht nicht ohne das andere.
Schon hier wird klar: Employer Branding ist nichts, was ein bisschen nebenbei passiert. Es ist ein Instrument der strategischen Unternehmensführung und sollte deshalb auch dort auf der Agenda stehen.
1 Gallup Engagement Index, 2023; 2 Befragung mit 400 Recruiterinnen und Recruitern, indeed, 2022
Die Frage nach Sinn gehört inzwischen zu den Top-3-Attraktivitätsfaktoren neben flexiblen Arbeitsbedingungen und Gehalt.
Warum Employer Branding?
Wir sehen neben den allgemein bekannten Herausforderungen des Fachkräftemangels schon länger eine gesamtgesellschaftlich zunehmende Abnahme von langfristiger Planungssicherheit, die sich in der Arbeitswelt in einem abnehmenden Commitment zum Arbeitgeber ausdrückt¹. Ein Symptom: Viele Recruiterinnen und Recruiter erleben regelmäßig, dass sie selbst auf Job-Zusagen keine Reaktion mehr erhalten².
Die Kandidatinnen und Kandidaten, die nach neuen Jobs Ausschau halten, stellen dann auch neue Fragen: „Gibt es flexible Arbeitszeiten?“, „Was kann ich hier bewegen?“, „Was ist euer Purpose?“, „Warum zu euch und nicht zu X?“. Die Frage nach Sinn gehört inzwischen zu den Top-3-Attraktivitätsfaktoren neben flexiblen Arbeitsbedingungen und Gehalt³.
Aus dieser Gesamtsituation ergeben sich komplexe Herausforderungen für die Gewinnung und Bindung passender Mitarbeitenden. Richtig gemacht ist Employer Branding ein wesentlicher Hebel, um diesen Herausforderungen zu begegnen und die Zukunftsfähigkeit einer Organisation sicherzustellen.
Employer Branding ist ganzheitlich angelegt: Alle (die wollen) können mitmachen und alle profitieren am Ende davon. Aber nur dann, wenn es inhaltlich Substanz hat und mehr ist als eine schöne Fassade.
Gutes Employer Branding
- Nichts versprechen, was nicht ist oder man in Zukunft nicht halten kann
- Authentizität & Echtheit statt Wünsch-dir-was oder Werbung
- Echte Geschichten von Menschen aus der Organisation statt Buzzwords und Floskeln
Einflussfaktoren & Wirkeffekte
Damit am Ende etwas Gutes herauskommt, hinter dem sich die Mehrheit der Belegschaft versammeln kann, ist die Kommunikation über das Projekt und mit der Belegschaft entscheidend für den Erfolg. Die Mitarbeitenden werden idealerweise eingeladen, ihre persönlichen Erlebnisse und Eindrücke zu schildern – am besten anonym und vertraulich durch eine externe Beratung. Nur dann gibt es den Tiefgang und die Zitate, die es braucht, damit sich das spätere Arbeitgeberversprechen auch sprachlich abhebt. Denn „wie“ etwas erzählt wird, ist oft viel differenzierender als das, „was“ erzählt wird. Die Sprache der Mitarbeitenden und deren echte Erlebnisse tragen dazu bei, dass die Arbeitgebermarke authentisch wird. Typische Beteiligungsformate sind Fokusgruppen, Interviews oder auch Online-Umfragen.
Wenn dieses Vorhaben frühzeitig, einladend und begleitend gut (gern etwas emotionaler) kommuniziert wird, ist der erste Schritt getan, um das interne WIR-Gefühl zu stärken. Und umso größer ist später auch der Stolz auf das gemeinsam erarbeitete Ergebnis, das man ruhig zusammen feiern darf.
Typische Wirkeffekte (Kunden-Feedbacks):
a) Intern:
- weniger Absentismus & Fluktuation
- bessere Einarbeitung & Team-Klima
- höhere Zufriedenheit & Produktivität
b) Extern:
- geringere Recruiting-Kosten & -Zeiten
- mehr Sichtbarkeit & Bewerbungen
- bessere Bewertungen auf kununu und in Umfragen
Schlüsselfaktoren für nachhaltigen Erfolg
Ohne grünes Licht von der Geschäftsleitung: kein erfolgreiches Projekt. Ohne frühzeitige Information an Betriebs- oder Personalrat: Sand im Prozessgetriebe. Ohne Marketing und Unternehmenskommunikation im Projektteam: Grabenkämpfe um Verantwortlichkeiten und wenig Schlagkraft in die Organisation.
Je mehr Verbündete sich für das Thema gewinnen lassen, umso besser. Employer Branding ist eben nichts, was nach sechs Monaten fertig ist. Markenführung und Organisationsentwicklung spielen hier mit rein, und diese Themen sind auf Jahre angelegt. Umso besser, wenn der oder die verantwortliche Projektleitung im Personalbereich jemand ist, der das Thema mit Herzblut, Professionalität und Ausdauer vorantreibt.
Fazit
Employer Branding bewirkt positive Veränderung über die Zeit und hilft Unternehmen, sich zukunftsfähig und attraktiv am Arbeitsmarkt auszurichten. Wie jede gute Investition zahlt es sich langfristig strategisch aus. Es ist nun mal ein Marathon, kein Sprint.
3 Online-Befragung mit 9.000 Kandidatinnen und Kandidaten zu Attraktivitätsfaktoren für die Auswahl eines Arbeitgebers, Stepstone „The silent resignation“, 2022
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