thema der Wohnungswirtschaft
N°1 – Der perfekte Sturm

Soziale Mehrwerte im Quartier

Dr. Robert Winterhager

Projektentwickler, Architekt und Stadtplaner

Seit 2020 ist Dr. Robert Winterhager Geschäftsführer der gemeinnützigen Projektgesellschaft Urbane Nachbarschaft Honsberg gGmbH, die Teilbestände einer alten Arbeitersiedlung im Remscheider Stadtteil Honsberg nach dem Initialkapital-Prinzip entwickelt.

Die Montag Stiftung Urbane Räume gAG entwickelt  Grundstücke und Gebäude nach dem Initialkapital-Prinzip, gemeinsam mit unterschiedlichsten Akteuren. Die unabhängige, gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Bonn, die operativ tätig ist, setzt ausschließlich eigene Projekte um. Mit mittlerweile sechs Projekten entwickelt Sie Immobilien im Sinne einer gemeinwohlorientierten Stadtteilentwicklung von, mit und für Menschen aus dem Stadtteil. Der VdW Rheinland Westfalen fragte Dr. Robert Winterhager nach den Hintergründen.

Gastbeitrag von:

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Dr. Robert Winterhager

Projektentwickler, Architekt und Stadtplaner

Eines unserer Projekte ist das HONSWERK in Remscheid. Die ab 1920 erbaute, ehemalige Arbeitersiedlung im Stadtteil Honsberg ist typisches Zeugnis der Urbanisierung und Industrialisierung im Bergischen Land. Die 15 Häuser des HONSWERKs werden zurzeit umfassend saniert und umgebaut. Das Projekt fördert Gemein-wohl und Chancengerechtigkeit im Stadtteil und wird 2024/25 fertigestellt.

Initialkapital-Prinzip

Die Idee des Prinzips „Initialkapital für eine chancengerechte Stadtteilentwicklung“ ist, durch Investitionen in eine Immobilie dauerhaft eine soziale Stadtteilrendite zu erzielen, die für gemeinnützige Vorhaben im Stadtteil verwendet wird.

Von Anfang an bringen wir Kommunen, Menschen aus dem Stadtteil, Architekten, Planerinnen und Mieterschaft zusammen, um zu erarbeiten, wie der Stadtteil gemeinsam entwickelt werden kann. Grundlage für unsere Projekte sind Immobilien, die als Orte der Identifikation und Möglichkeitsräume für Engagement, Selbstentfaltung und Zusammenkommen dienen.

In Stadtteilen, wo Menschen mit schwierigen sozioökonomischen Rahmenbedingungen konfrontiert sind, übernehmen wir Grundstücke im Erbbaurecht. Die Grundstückseigentümer bringen ihre Immobilien langfristig in das gemeinwohlorientierte Projekt ein. Solange das Projekt gemeinnützig agiert, wird auf die Erhebung des Erbbauzinses verzichtet.

So ermöglichen sie, dass alle Überschüsse dem Stadtteil für gemeinnützige Nachbarschaftsangebote als Teil der Stadtteilrendite zur Verfügung gestellt werden können.

Die Immobilien werden im Bestand saniert und leerstehende Räume wieder in Nutzung gebracht. Im Rahmen der Baumaßnahmen werden neue Arbeitsplätze, Kulturorte und überwiegend geförderte Wohnungen geschaffen – und neue Räume für die Gemeinschaft. Dies führt zu einer Nutzungsmischung, die den Ort belebt. Damit der Ort lebendig wird und bleibt, findet parallel zum Umbauprozess Community Building zum Aufbau einer gemeinnützigen Struktur im Quartier statt – z. B. ein Verein oder eine Stiftung, die von Nachbarschaft und Mieterschaft der Projekte getragen wird. Über diese Struktur werden die Gemeinschaftsräume vermietet, Veranstaltungen geplant, die Stadtteilrendite verwaltet und die Gemeinnützigkeit sichergestellt.

Eine von uns gegründete gemeinnützige Projektgesellschaft – die Urbane Nachbarschaft gGmbH – ist durchgängig vor Ort. Sie ist Bauherrin und leitet die bauliche Projektrealisierung, sie koordiniert mit eigenen Gemeinwohl-Managerinnen und -Managern Stadtteilprojekte, koproduktive Prozesse und die Community-Entwicklung und verwaltet und vermietet das bzw. die Gebäude langfristig gemeinwohlorientiert.

Community Building durch Mitmachen: Aktionstag im Stadtteilgarten
Quelle: Simon Veith, Köln
Das HONSWERK in Remscheid: Starke Entwicklungspartnerschaft für mehr Chancen im Stadtteil

Der rund 2.300 Menschen zählende Stadtteil Honsberg war immer schon ein Ankunftsquartier. Heute leben dort Menschen aus 42 Nationen im friedlichen Miteinander. Im Gesamtstadtvergleich liegt die SGB II-Quote hoch, es gibt überdurchschnittlich viele Kinder, Alte, Menschen ohne Bildungsabschluss, Alleinerziehende und viel Kinderarmut. Deshalb ist der Honsberg seit 2007 Pro-grammgebiet im Stadtumbau West. Dadurch konnten viele wichtige Impulsprojekte – wie etwa der Neubau eines Mehrgenerationenhauses – umgesetzt werden.

Unser Projekt „HONSWERK“ ist ein weiterer Quartiersbaustein mit dem Ziel, Chancen dort zu bauen, wo es zu wenige davon gibt. Die insgesamt 4.330 m² Nettomietfläche des HONSWERK umfasst 39 mit Modernisierungsförderung sanierte, preisgebundene Wohnungen, ein Quartiersbüro, zwei Bürogemeinschaftshäuser sowie eine offene Stadtteilwerkstatt – die „HONSWERKSTATT“ – und einen Stadtteilgarten. Werkstatt und Garten sind mit Städtebaufördermitteln finanziert.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die starke Entwicklungspartnerschaft unserer Projektentwicklungsgesellschaft Urbane Nachbarschaft Honsberg gGmbH mit der GEWAG Wohnungsaktiengesellschaft Remscheid und der Stadt Remscheid. Die GEWAG, mit 550 Wohnungen größte Bestandshalterin im Stadtteil, ist Erbbaurechtsgeberin für die Grundstücke. Insgesamt 15 alte Siedlungshäuser mit rund 70 Wohneinheiten gingen der Projektgesellschaft als Sachspende zu.

Die Stadt Remscheid beantragte die Städtebauförderung für den Bau der Gemeinschaftseinrichtungen und leitet die Förder- und kommunalen Eigenmittel an unsere Projektgesellschaft weiter. Mit der Urbane Nachbarschaft Honsberg sanieren und bauen wir die alten Wohnhäuser um und koordinieren den Bau von Stadtteilwerkstatt und Garten. Parallel zu Planung und Bau beginnt die Arbeit unserer Gemeinwohlmanagerin mit der Bewohnerschaft, Vereinen und Institutionen im Quartier.

Gewinne für alle Beteiligten

Unsere Projektgesellschaft bekommt Zugriff auf eine Immobilie, deren Erträge langfristig für gemeinnützige Zwecke, wie etwa Kursangebote in der Stadtteilwerkstatt, zur Verfügung stehen. In kleinen Bau-, Garten- oder Kunstprojekten im Rahmen unserer Community-Building-Arbeit lernen Menschen sich kennen und merken, dass sie gemeinsam ihren Stadtteil gestalten können. Wie unser Stadtteilgarten Honsberg zeigt, zieht jedes Machen auch immer Mitmachende an. Es entstehen neue Freundschaften, Zusammenarbeiten und Netzwerke als Grundlage für die gemeinnützige Struktur, die später Werkstatt und Stadtteilgarten in eigener Regie nutzen und verwalten wird.

Die Stadt Remscheid kann somit darauf vertrauen, dass über das im Stadtumbau-Gebiet geförderte Quartiersmanagement hinaus Geld, Raum und Engagement für gemeinnützige Zwecke im Stadtteil zur Verfügung stehen werden. Die GEWAG schließlich profitiert durch ein Quartier, in dem gute Chancen auf Bildung, Arbeit und Teilhabe bestehen: ein lebendiger Wohnstandort, in den zu investieren sich lohnt.

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