WASSER IN DER STADT
Wasser wird unzuverlässig: Auf wochenlange Dürre folgt langanhaltender Starkregen, auf sinkende Grundwasserpegel volllaufende Kellergeschosse. Städte und Gemeinden, aber auch die Wohnungswirtschaft müssen sich auf diese neue Realität einstellen. Denn der Klimawandel sorgt dafür, dass Wetterlagen extremer werden und länger als bisher an einem Ort bleiben.
Sollte sich die durchschnittliche Temperatur auf der Erde um drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen, rechnet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) mit drei bis vier Dürremonaten im Jahr, am stärksten betroffen wäre ein Streifen vom südlichen Nordrhein-Westfalen über ganz Rheinland-Pfalz bis nach Baden-Württemberg. Zwischen 1971 und 2000 waren zwei Dürremonate im Jahr normal. Schon bei einer Erwärmung von 1,5 Grad würde die Länge der Dürren laut UFZ in Nordrhein-Westfalen um 21 Prozent zunehmen, in Rheinland-Pfalz um 41 Prozent.
Auch Hochwasser, besonders in den Sommermonaten, werden internationalen Klimamodellierungen zufolge zunehmen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es zu extremem Starkregen kommt, ist durch den Klimawandel um das 1,2- bis 9-fache gestiegen. Diese Spanne ist groß, klar ist aber: Starkregenereignisse nehmen zu, und 2021 musste an der Ahr und an der Erft beobachtet werden, welch vernichtende Kraft ein einziges Hochwasser haben kann.
Kommunen und Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer sind gleichermaßen gefordert, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, etwa indem sie Wasser bessere Möglichkeiten zum Versickern bieten. Prävention ist das Stichwort. Die eine oder andere Kommune könnte deshalb in näherer Zukunft bei Wohnungsunternehmen und -genossenschaften anklopfen.
Versicherungen werden wohl teurer
Die zu erwartende Zunahme an Schäden ruft auch die Versicherer auf den Plan. Zwar sind ein großer Teil der Gebäude mit Elementarschadenversicherung zumindest finanziell von den Starkregenfolgen abgesichert, doch wird dies künftig voraussichtlich nicht mehr so selbstverständlich sein. „Ohne Prävention könnte das breite Versicherungsangebot, wie wir es heute kennen, in Zukunft schrumpfen“, sagt Mathias Kleuker, Vorsitzender des Präsidialausschusses Risikoschutz in Gesellschaft und Wirtschaft des Gesamtverbands der Versicherer.
Auch die Wohnungswirtschaft wird bei der Frage der individuellen Prävention perspektivisch betroffen sein, berichtet der Generalbevollmächtigte der Provinzial, Michael Hein: Eine Anpassung der Risikobewertung bezogen auf Starkregenereignisse erfolge sukzessive. Die Folge: Gebäude, die zwar weit entfernt von Flüssen stehen, könnten durch ihre Lage etwa in einer Senke in der Risikoklassifizierung hochgestuft werden. In einzelnen Fällen könne es auch dazu kommen, dass diese Gebäude ohne Präventionsmaßnahmen gar nicht mehr versichert werden können.
Wasser ist bei Weitem nicht nur Problem, es hat zugleich die Kraft, Probleme zu lösen.
Wasser als Lösung
Wasser aber ist bei Weitem nicht nur Problem, es hat zugleich die Kraft, Probleme zu lösen. Sei es, indem es Wohnviertel vor Überhitzung schützt – als Wasserfläche oder wenn es gespeichert und für das Gießen von Pflanzen verwendet wird. Oder sei es, indem Abwasser Wärme entzogen wird, um Häuser zu heizen. Um zwei Beispiele zu nennen.
Laut Umweltbundesamt stieg die Anzahl der heißen Tage im Jahr, also Tage mit einer Höchsttemperatur von 30 Grad und mehr, zwischen 1951 und 2023 von drei auf 11,5. Die Zahl schwanke zwar stark von Jahr zu Jahr, die Tendenz sei aber eindeutig. Gerade in eng bebauten Städten staut sich die Hitze, was insbesondere älteren und gesundheitlich angeschlagenen Menschen zu schaffen macht, bis hin zur Lebensgefahr.
Bäume sorgen da durch ihren Schatten nicht nur für mildere Temperaturen, sie verdunsten ebenso wie Teiche und Seen Wasser. Die Verdunstungskälte führt so zur zusätzlichen Abkühlung. Das bedeutet allerdings, dass Pflanzen auch während der Dürrezeit Wasser zur Verfügung stehen muss, es muss demnach gespeichert und an anderer Stelle gespart werden. Stadtplanerinnen und Stadtplaner sprechen in dem Zusammenhang von „blau-grüner Infrastruktur“, Wohnviertel sollen mit mehr Pflanzen und Wasserflächen ausgestattet werden. Ziel ist eine „Schwammstadt“, aus der das Wasser nicht in erster Linie mit Rohren herausgeleitet wird, sondern in der es gespeichert wird. Dazu müssen auch Flächen entsiegelt werden.
Eine Art, Wasser zu sparen, ist der Einsatz von Regenwasser für Haushaltsanwendungen wie die Toilettenspülung. Wohnungsunternehmen und -genossenschaften managen also künftig möglicherweise nicht nur Wohnungen und Quartiere, sondern auch Wasser.
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