thema der Wohnungswirtschaft
N°1 – Der perfekte Sturm

Kilian Bartholomé ist promovierter Physiker, seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPM und Gruppenleiter „Kalorische Systeme“. Fokus der Arbeit in der Gruppe ist die Entwicklung effizienter Kühlsysteme und Wärmepumpen auf Basis des kalorischen Effektes.
Quelle: Fraunhofer IPM

Magnetokalorische Wärmepumpen und ihr Beitrag zum Klimaschutz im Wohnquartier

Dr. Kilian Bartholomé

Physiker

Der promovierte Physiker ist seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPM und Gruppenleiter „Kalorische Systeme“.

Der Fokus der Arbeit in der Forschungsgruppe liegt auf der Entwicklung effizienter Kühlsysteme und Wärmepumpen auf Basis des kalorischen Effektes.

Während auf politischer Ebene im Rahmen der GEG-Debatte lange darüber diskutiert wurde, welche Technologien und Energiequellen zur Erfüllung der Vorgabe von mindestens 65 % erneuerbaren Energien bei neuen Heizsystemen genutzt werden dürfen, werden bereits seit Jahren neue klimagerechte Wärmetechnologien erforscht und bestehende Systeme weiter optimiert. Dies gilt auch für Wärmepumpen, die eine wichtige Rolle in der Wärmewende einnehmen und grundlegend für die Umsetzung eines klimaneutralen Gebäudebestands sind. Ein Beispiel dafür sind magnetokalorische Wärmepumpensysteme, die u.a. von Dr. Kilian Bartholomé am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM erforscht werden.

Was zeichnet magnetokalorische Wärmepumpen aus und wie unterscheiden sie sich von den üblichen Wärmpumpensystemen?

Dr. Kilian Bartholomé: Im Gegensatz zu heutigen Wärmepumpen, die auf der Kompressortechnologie basieren, um ein Gas zu komprimieren, nutzen magnetokalorische Wärmepumpen besondere Festkörpermaterialien: diese sogenannten magnetokalorischen Materialien sind magnetisierbare Materialien, die sich bei Einwirkung eines magnetischen Feldes erwärmen und bei Entfernen des Feldes entsprechend wieder abkühlen. So lässt sich ein Kühlzyklus realisieren: Das erwärmte MK-Material wird mit einer Wärmesenke verbunden, sodass Wärme abgeführt werden kann. Wird nun das magnetische Feld entfernt, kühlt sich das Material wieder ab und befindet sich auf einer niedrigeren Temperatur als zu Beginn des Zyklus. Das magnetokalorische Material wird nun mit der zu kühlenden Stelle verbunden und kann Wärme aufnehmen. Dieser Effekt ist in einem sehr hohen Maße reversibel, wodurch das Potenzial besteht, sehr energieeffiziente Kühlsysteme und Wärmepumpen auf Basis von magnetokalorischen Materialien zu realisieren.

Was sind die Vorteile dieser Systeme?

Dr. Kilian Bartholomé: Die großen Vorteile liegen in der hohen Effizienz. Der magnetokalorische Effekt ist zu einem sehr hohen Maße reversibel, d. h. man kann auf Basis dieser Materialien potentiell sehr effiziente System bauen, die weniger Strom benötigen um die gleiche Heizleistung zu generieren wie heutige Systeme. Außerdem sind die Systeme sehr umweltfreundlich: Magnetokalorische Wärmepumpen verwenden keine schädlichen Kältemittel, die die Ozonschicht schädigen, zum Treibhauseffekt beitragen oder der Gesundheit schaden könnten und als letzter Punkt: Magnetokalorische Wärmepumpen haben fast keine beweglichen Teile, wodurch die Lärmbelastung geringer ist und man weniger Verschleißprobleme zu erwarten hat.

Sind die Wärmepumpen auch für den Einsatz in Mehrfamilienhäusern geeignet?

Dr. Kilian Bartholomé: Grundsätzlich ist es vorstellbar, dass magnetokalorische Wärmepumpen in Zukunft auch in Mehrfamilienhäusern eingesetzt werden könnten. Stand heute sind die Systeme noch weit von einer Markteinführung entfernt. Auch der Einsatz solcher Systeme in Einfamilienhäusern wird noch viele Jahre Entwicklung benötigen.

„Magnetokalorische Wärmepumpen verwenden keine schädlichen Kältemittel, die die Ozonschicht schädigen, zum Treibhauseffekt beitragen oder der Gesundheit schaden könnten.“

Der Kühlzyklus von magnetokalorischen Wärmepumpen beruht auf der Magnetisierung und Entmagnetisierung bei Wärmezufuhr und -abfuhr
Quelle: Fraunhofer IPM

Was ist der aktuelle Entwicklungsstand und wie geht es weiter?

Dr. Kilian Bartholomé: Aktuell gibt es verschiedene Forschergruppen, die magnetokalorische Wärmepumpen und Kühlsysteme im Labor im Rahmen von Versuchsaufbauten entwickeln und testen. Hierbei liegt ein Fokus in der Steigerung der Effizienz, der Leistungsdaten (höherer Temperaturhübe und Wärmepumpleistungen), sowie der Reduktion der Systemgröße und -kosten. Bis zu einem marktfähigen Produkt werden daher sicherlich noch 5 bis 10 Jahre vergehen.