Gute Ideen rund ums Wasser
Ein Überblick über aktuelle Maßnahmen der VdW-Mitglieder zum verantwortungsbewussten Umgang mit einer wertvollen Ressource.
VBW Bauen und Wohnen GmbH: Gießkanne statt Cape
Es ist Sommer. Seit mehr als sieben Tagen hat es bei Temperaturen von über 30 Grad nicht mehr geregnet. Pflanzen lassen ihre Köpfe hängen, die Erde von Bäumen hat bereits große Risse. Höchste Zeit für eine Portion Wasser. Dank der vier 1000-Liter-Regenwassertanks, die die VBW Bauen und Wohnen GmbH auf Bochumer Stadtgebiet aufgestellt hat, können Mieterinnen und Mieter in Eigeninitiative Bäume und Sträucher mit ausreichend Wasser versorgen – und so zu „Gießkannen-Heldinnen“ und „Gießkannen-Helden“ werden.
Die Tanks haben eine Aufstellfläche von 120 x 120 cm und eine Höhe von 160 cm. Bei Regen sammelt sich Wasser im Dachlauf und läuft über Abflussrinnen direkt vom Haus weg. Dieses wird, wie gehabt, über Abflussrinnen direkt vom Haus weggeleitet. Ein sogenannter „Regendieb“ führt dazu, dass Teile des Regenwassers in den Wassertank abgeführt werden. Sollte der Wassertank voll und damit die maximale Höhe erreicht sein, so greift der Überlauf, der das Wasser in das Fallrohr ableitet.
DOGEWO21: Schutzschilder gegen Starkregen und Überflutung
Das DOGEWO21-Quartier Am Kapellenufer in Dortmund-Sölde zeichnet sich seit vielen Jahren durch einen intelligenten und effizienten Umgang mit Regenwasser aus: Das von der Emschergenossenschaft ausgezeichnete Regenwasserprojekt wurde 2009 gebaut und wird aufgrund einer energetischen Modernisierung der 24 Mehrfamilienhäuser überarbeitet und neu bepflanzt. Das Regenwasser von rund 5.500 m2 Dach- und Wegeflächen wird nicht in die Kanalisation geleitet, sondern im Grünbereich oberirdischer Mulden gesammelt. Während ein Teil des Wassers im Boden versickert und damit zur Kühlung der Umgebung beiträgt, wird das restliche Wasser über Rinnen und Mulden in die nahe Emscher geführt.
Das entlastet die Umwelt, verhindert überlaufende Abwasserkanäle und senkt die Betriebskosten in der Mieterschaft. Als eines von drei Regenwasserprojekten im Bestand des kommunalen Dortmunder Wohnungsunternehmens schützt es nicht nur vor Starkregenschäden – die großzügigen Grünflächen erhöhen auch den Aufenthaltskomfort der dort lebenden Mieterinnen und Mieter.
Mülheimer Wohnungsbau eG: Gemeinsam fürs Grüne Leitbild
Wie kann man das Grundwasser schützen und die Wohnquartiere hitzeresilienter machen? Eine Arbeitsgruppe „Wasserstrategie“ hat die Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) im Jahr 2020 gegründet. „Unter dem Eindruck der zunehmend trockenen Sommer kamen auch vermehrt Anfragen unserer Mieterschaft zum Gießverhalten“, sagt der Vorstandsvorsitzende Frank Esser. „Wir merkten schnell, dass man das Thema ganzheitlich angehen muss, damit dahinter auch eine Strategie steckt, die in sich schlüssig ist.“
So ging die Debatte bei der MWB schnell weit über das Gießen hinaus: Die Arbeitsgruppe schuf Vorgaben für Grundwasserschutz, Entsiegelung und Versickerungsflächen, zur Kommunikation mit den Mieterinnen und Mietern, zur Dach- und Fassadenbegrünung und dem richtigen Verhalten in heißen Sommern. Ergebnis ist ein Grünes Leitbild, das die Vertreterversammlung der MWB im Jahr 2022 verabschiedete und das nun in Instandhaltungs- sowie Neubauprozesse miteinfließt. Die Welt rettet die MWB damit nicht, das ist den Beteiligten klar. „Wir leisten im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Beitrag zur hitzeresilienten Stadt“, so Frank Esser.
VIVAWEST: Auf dem Weg zur „Schwammstadt“
Seit 2007 beschäftigt sich VIVAWEST bei Quartiersentwicklungen intensiv mit dem Thema Wassermanagement. Beim Pilotprojekt Johanniskirchgärten in Essen wurden in vier Bauabschnitten bis 2014 zwölf Gebäude modernisiert und neun Neubauten errichtet. Das Herzstück des Konzepts bildet der Quartiersgarten mit seinen großen Wasserflächen und Feuchtzonen, die das Mikroklima positiv beeinflussen. Über offene Bodenrinnen gelangt Regenwasser von den Dächern in die bepflanzten Wasserbecken. Überschüssiges Wasser versickert in angrenzenden Versickerungsflächen (Wiesenmulden). Das von Rigolen und Mulden ergänzte System gewährleistet, dass pro Jahr rund 6.600 m³ (Regen-)Wasser nicht in die Kanalisation eingeleitet werden. Stattdessen wird es lokal aufgenommen, wie in einem Schwamm gespeichert und sukzessive wieder an Bäume, Pflanzen und die Umgebung abgegeben – ein System, das heute unter dem Begriff „Schwammstadt“ bekannt ist.
Die nachhaltige Wassernutzung nach dem Schwammstadt-Prinzip baut VIVAWEST bei ihren Quartiersentwicklungen seitdem beständig aus – trotz häufig komplexen Voraussetzungen in urbanen Räumen. So waren beim 2021 fertiggestellten Neubauprojekt in der Köndgenstraße in Essen weiträumige Versickerungsflächen aus Platzgründen nicht umsetzbar. Alternativ finden sich dort bepflanzte Wasserbecken, begrünte Dächer und Wandbepflanzungen/Rankgitter. Diese Kombination sorgt als „ökologische Klimaanlage“ für ein besseres Mikroklima und eine optimierte Wassernutzung.
Wasser im Quartier
GEBAG: Prämissen der wassersensiblen Stadtentwicklung
Die GEBAG, die kommunale Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Duisburg, plant und realisiert ihre Neubau- und Flächenentwicklungsprojekte unter Berücksichtigung der Prämissen der wassersensiblen Stadtentwicklung: Im Rahmen der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ hat sich die Stadt Duisburg als Teil der 16 Kommunen der Emscher-Region zusammen mit der Emschergenossenschaft und dem Land Nordrhein-Westfalen dem gemeinsamen Engagement für eine zukunftsfähige und nachhaltige Stadtentwicklung verpflichtet, die unter anderem den besonderen Anforderungen des Klimawandels gerecht wird.
Bei den Flächenentwicklungsprojekten wie 6-Seen-Wedau, den Duisburger Dünen oder im Neubaugebiet „Am Alten Angerbach“ werden Niederschläge beispielsweise nicht über Kanäle, sondern an der Oberfläche abgeleitet und zur Bewässerung der Vegetation im öffentlichen Raum verwendet. Mehrere „Wasserplätze“ dienen im Fall von Starkregenereignissen zudem als Rückhaltebereiche für das Regenwasser.
Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH: Grüne Dächer mit Mehrwert
Ein hoher Versiegelungsgrad, viel Beton und große Flachdächer – so lassen sich die Herausforderungen der Wohnanlagen in Köln Chorweiler und Seeberg, gebaut in den 70er-Jahren, beschreiben. Starkregenereignisse hatten hier in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt. Nun werden 26.000 m² Dachfläche neu aufgebaut. Um künftige Hochwasserschäden in den Wohnsiedlungen zu verringern, werden die Flachdächer mit sogenannten Gründächern installiert. Diese speichern Niederschlagswasser und geben es kontinuierlich ab.
Durch diese Maßnahme können bis zu 90 Prozent des Niederschlags auf den Dachflächen zurückgehalten werden, um das Risiko von Überschwemmungen in den Wohnungssiedlungen zu reduzieren und damit verbundene Schäden zu vermeiden. Weitere Vorteile: ein verbessertes lokales Mikroklima, verbesserte Luftqualität und mehr Biodiversität. Ein Drittel der Dächer wurde bereits in 2023 neu aufgebaut. In den nächsten Jahren folgen die übrigen Dachflächen.
Mit einer Kombination aus Retentionsdächern und Versickerungsrigolen reagiert das kirchliche Wohnungsunternehmen im Quartier St. Monika in Köln auf Starkregenereignisse. In den Rigolen und auf den Retentionsdächern werden große Mengen an Regenwasser zwischengespeichert und dann zeitlich verzögert an das Erdreich abgegeben. Der natürliche Wasserkreislauf wird unterstützt, Überschwemmungen vermieden, die Kanalisation entlastet und der Grundwasserspiegel bleibt erhalten, was sich wiederum positiv auf das Klima auswirkt. Besonders schön: Die begrünten Dachflächen sorgen außerdem für eine Kühlung im Sommer.
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