
Historisch,
aber fit für die Zukunft: Klimaschutz im Denkmal
Michael Flachmann ist seit 2016 geschäftsführender Vorstand der Margarethe Krupp-Stiftung und weist darauf hin, dass die Anforderungen der aktuellen Gesetzgebung sowohl die Wohnungswirtschaft als auch die Mieterinnen und Mieter vor große Herausforderungen stellen.
Denkmalschutz und Klimaschutz zusammendenken, das ist die große Herausforderung im Bestand der Margarethe Krupp-Stiftung. Dieser besteht zu großen Teilen aus altehrwürdigen Gebäudeensembles, welche die 1906 gegründete Stiftung vorwiegend im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gebaut hat.
Michael Flachmann, geschäftsführender Vorstand der Margarethe Krupp-Stiftung, erklärt, wie dieser besondere Wohnungsbestand klimagerecht entwickelt wird und was in puncto Bezahlbarkeit beachtet werden muss.
Gastbeitrag von:

Geschäftsführender Vorstand der
Margarethe Krupp-Stiftung
Klimaneutralität historisch relevanter Wohnquartiere
Die 1906 als Immobilienunternehmen gegründete Margarethe Krupp-Stiftung, die satzungsgemäß den Bestand in einer guten Qualität hält und so das Stiftungsvermögen langfristig wahrt, blickt mit rund 3.150 Wohnungen und Gewerbeeinheiten, von denen viele unter Denkmalschutz stehen, mit besonderem Augenmerk auf die Gesetzesvorhaben, die zur Klimaneutralität im Wohnen verabschiedet wurden und noch kommen werden. Der Bereich der „alten“ Margarethenhöhe, mit rund 2.050 Einheiten, wurde größtenteils ursprünglich bis 1938 gebaut und beinhaltet rund 1.100 Einheiten im Denkmalschutz. Dieser besondere Bestand prägt den gesamten Stadtteil Essen-Margarethenhöhe, bietet altehrwürdige Gebäudeensembles und steht dennoch ebenfalls vor der großen Herausforderung, klimagerecht beheizt zu werden und eine energieeffiziente Struktur aufzuweisen.
Diese besondere Aufgabe war für mich, als Diplom-Bauingenieur, der Grund, 2016 die Aufgabe des geschäftsführenden Vorstands zu übernehmen. Dem gesamten Team der Margarethe Krupp- Stiftung ist die Schwierigkeit der Portfoliodekarbonisierung, neben den wirtschaftlichen Komponenten auch die soziale Ausgewogenheit unter Berücksichtigung der umfangreichen Auflagen des Denkmalschutzes und der vorhandenen Fassadenbegrünung (wilder Wein) zu erreichen, sehr wohl bewusst.
Im Altbestand (denkmalnahe rund 950 Einheiten) arbeiten wir seit 2022 intensiv mit dem Anbieter eco2nomy zusammen, der mit dem GdW eine Rahmenvereinbarung getroffen hat. Das Ziel liegt darin, das Portfolio genau zu untersuchen unddas Portfolio genau zu untersuchen und den bestgeeigneten Weg – Strategie, Maßnahmenplan, Zeitplan, Wirtschaftsplan und Umsetzungsplan – hin zur Klimaneutralität unseres Bestandes unter den genannten Bedingungen zu bestimmen.


Dekarbonisierung von denkmalgeschütztem Bestand ist wirtschaftlich kaum leistbar
Die Ausrichtung der aktuellen GEG-Reform und die dazugehörige Förderkulisse weist grundsätzlich in die richtige Richtung hin zu regenerativer Energieerzeugung und sinkenden Verbräuchen. Jedoch ist bei dem Großteil unseres Bestandes eine klassische Fassadendämmung oder der Einbau von neuen Kunststofffenstern und -türen nicht umsetzbar – die äußere Hülle der allermeisten Gebäude und auch die Fenster sind denkmalgeschützt. Das stellt eine besondere Herausforderung für uns dar.
Die Zielsetzung, die Vorlauftemperaturen zu reduzieren, ohne die vorhandenen Heizkörper flächendeckend im bewohnten Zustand auszutauschen, ist nur schwer zu realisieren, aber größtenteils notwendig. Bei der Umstellung der Versorgung sind einzelne kaskadierte Luft-Wärmepumpen oder eine Wärmeversorgung über Geothermie und Kaltwärmenetze zu berücksichtigen. Hierbei unterstützen uns mehrere Industriepartner, um für zusammenhängende Einheiten die beste Lösung zu finden.
Sicherlich verfolgen aktuelle Anpassungen der Richtlinien und Fördermöglichkeiten ein konkretes Ziel, reichen jedoch nicht aus, um einen denkmalgeschützten und denkmalnahen Bestand auch nur halbwegs wirtschaftlich tragbar in eine klimafreundliche Zukunft zu transformieren.
Modellrechnung zeigt hohe Investitionsaufwendungen
Beispielhaft für ein kleines Quartier mit 4 Gebäudekörpern und 35 Wohnungen mit rd. 2.450 m² Wohnfläche werden für energetische Maßnahmen und die Umstellung von Gasheizungen – sowohl Zentralheizungen als auch Etagenheizungen – auf eine klimaneutrale Energieversorgung Investitionsmittel von rund 2,6 Mio. Euro benötigt. Unter Berücksichtigung der geplanten Förderung verbleibt eine Investitionssumme von 1,9 Mio. Euro bei der Margarethe Krupp- Stiftung. Dies ließe sich nur bei einer möglichen Mietanpassung von etwa 2,50 Euro/m² Wohnfläche umsetzen – eine enorme Herausforderung für beide Seiten. Insbesondere, wenn der Bestand nach aktueller Einstufung der Energieeffizienzklasse ‚F‘ bereits bis 2030 im CO2-Ausstoß deutlich gesenkt werden muss. Die derzeit laufenden Verhandlungen rund um die EU-Gebäuderichtlinie kommen als weitere Herausforderung auf bereits jetzt erschwerte Umstände obendrauf.
Die Margarethe Krupp-Stiftung setzt sich mit dieser Situation intensiv auseinander, benötigt jedoch für die historisch relevanten Gebäudebestände Ausnahmeregeln bzw. Verbesserungen der Fördermöglichkeiten, um die Mehrkosten wirtschaftlich tragen zu können. Das derzeitige Problem liegt vor allem darin, dass die wirtschaftlichen Aufwendungen für die klimapolitischen Ziele weder stiftungsseitig noch für die Mieterinnen und Mieter in unseren Bestandswohnungen tragfähig sind. Trotz aller Schwierigkeiten verfolgt die Margarethe Krupp-Stiftung natürlich das Ziel eines klimaneutralen Wohnungsbestandes bis zum Jahr 2045 – Gehen wir es an!

Ähnliche Artikel

- GEG und EU-Gebäuderichtlinie
Sind die Anforderungen umsetzbar?
Schon der Klimaschutz auf nationaler Ebene durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) stellt Wohnungsunternehmen und -genossenschaften vor erhebliche Herausforderungen. Der Umstieg von fossil betriebenen Heizungsanlagen, wie etwa Gas-Zentralheizungen, auf neue, klimagerechte Systeme ist mit hohen Investitionskosten verbunden. Parallel ist in Brüssel, auf europäischer Ebene, das Trilogverfahren zur Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie in vollem Gange. Die Richtlinie zielt vor allem auf die Energieeffizienz ab und wird aller Voraussicht nach ebenfalls eine Herausforderung für den Wohnungsbestand darstellen. Die wesentlichen in Brüssel beschlossenen Rechtsakte sind entweder unmittelbar für alle EU-Mitgliedsstaaten gültig (Verordnungen) oder müssen in nationales Recht übernommen werden (Richtlinien). So ist das GEG, wie es 2020 eingeführt wurde, eine Umsetzung der Vorgaben aus der 2018 beschlossenen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und der EU-Energieeffizienz-Richtlinie (EED). Auch die derzeit auf EU-Ebene diskutierte Neuerung der EU-Gebäuderichtlinie wird nach dem europäischen Beschluss in nationales Recht übertragen.
- Europapolitik
Europäische Kommission, EU-Parlament und Rat finden Kompromiss zur EU-Gebäuderichtlinie (EPBD): Keine individuelle Sanierungspflicht, sondern Betrachtung des Gesamtbestandes.
Der Deutsche Bauherrenpreis wird seit mehr als drei Jahrzehnten vergeben. Er ist in der Fachwelt als wichtigster Preis im Bereich des Wohnungsbaus in Deutschland anerkannt und wird alle zwei Jahre ausgelobt. Bezahlbarer und qualitätsvoller Wohnungsbau ist derzeit wichtiger denn je. Seit 35 Jahren werden herausragende Wohnungsbauprojekte mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet. Der Bauherrenpreis setzt am Spannungsfeld von hoher Qualität und tragbaren Kosten an – Faktoren, die aktuell wichtiger sind als je zuvor. Als einziger Preis in der Branche hebt der Deutsche Bauherrenpreis die besondere Rolle der Bauherren hervor. Der Wettbewerb wird von der Arbeitsgruppe Kooperation des wohnungswirtschaftlichen Dachverbandes GdW, des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) und des Deutschen Städtetages zur Unterstützung positiver Ansätze und Lösungen im Wohnungsbau ausgelobt.

- Europapolitik
Was passiert in Brüssel?
Die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie befindet sich aktuell im Trilogverfahren. Das Ziel: Die Sanierungsquote in allen EU-Staaten vorantreiben. Der Weg: Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union verhandeln unter Beteiligung der EU-Kommission und einigen sich auf einen gemeinsamen Entwurf für die Richtlinie. Welche Standpunkte müssen miteinander in Einklang gebracht werden? Wie weit liegen die Akteure darin auseinander? Und was bedeutet das für die Umsetzung in nationale Gesetze?

- Heizungsgesetz
Forderung, Förderung und Realität
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) stellt Wohnungsunternehmen und -genossenschaften vor erhebliche Herausforderungen. Der Umstieg von fossil betriebenen Heizungsanlagen, wie etwa Gas-Zentralheizungen, auf neue, klimafreundliche Systeme ist mit hohen Investitionskosten verbunden. Es muss vermieden werden, dass diese Kosten zu unbezahlbaren Mieten führen. Vor diesem Hintergrund ist die Ausgestaltung der Förderung ein wichtiger Baustein, um die Vorgaben des neuen Gesetzes erfüllen zu können. Der derzeitige Vorschlag sieht vor, dass bis zu maximal 75 Prozent einer neuen Heizungsanlage förderfähig sind. Die Förderung setzt sich dabei aus insgesamt drei Bestandteilen zusammen.