thema der Wohnungswirtschaft
N°1 – Der perfekte Sturm

Elektromobilität im Quartier

Sieben Positionen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur

Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland lebt in Mehrfamilienhäusern – diese Personen müssen Zugang zu Ladepunkten haben, um ihre elektrischen Pkw laden zu können. Denn Elektromobilität in Deutschland kann nur erfolgreich sein, wenn Laden für alle möglich ist. Für die Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften des VdW Rheinland Westfalen gehen mit dem Laden in Mehrfamilienhäusern neue Aufgaben und Herausforderungen einher. Denn ihr Kerngeschäft ist die Bereitstellung und Bewirtschaftung bezahlbarer Wohnungen. Die Bezahlbarkeit darf durch den Ausbau von Ladeinfrastruktur nicht gefährdet werden.

Die Politik sieht die Wohnungswirtschaft für die Antriebswende als wichtige Partnerin an. Durch Gesetzesanpassungen wurde der Ausbau für entsprechende Infrastrukturen verpflichtend und das Recht der Mieterschaft auf Installation einer Lademöglichkeit gegenüber Eigentümerinnen und Eigentümern gestärkt. Gleichzeitig ändern sich auch nach und nach die Anforderungen, die Mieterinnen und Mieter an die Mobilität in ihren Wohnquartieren stellen. Damit Laden für alle so einfach wie möglich gestaltet werden kann, ohne dass dies mit Teuerungen in Wohnungsbau, Modernisierung und schließlich der Vermietung einhergeht, müssen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Es muss klar sein, dass Elektromobilität eine Gemeinschaftsaufgabe ist, bei der die Wohnungswirtschaft nur einer von vielen Partnern sein kann.

Die Arbeitsgruppe Neue Mobilität des VdW Rheinland Westfalen fordert daher:

Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur

Das Laden im öffentlichen Raum ist ein mindestens ebenso wichtiger Bestandteil des Elektromobilitätshochlaufs wie das Laden am Wohnort. Fahrzeuge werden nicht nur häufig im öffentlichen Raum abgestellt, um in der Umgebung die persönlichen „Points of Interest“ zu erreichen, viele Menschen haben auch keinen Zugang zu einem eigenen Stellplatz. Sie sind auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen.

Dies gilt einerseits für verdichtete Stadtzentren, wo viele Mehrfamilienhäuser über keine eigenen Stellplätze verfügen und aufgrund der begrenzten Flächen meist auch keine Nachrüstung möglich ist. Anwohnerinnen und Anwohner sind darauf angewiesen, ihre Pkw im öffentlichen Raum abstellen und laden zu können. Denn obwohl in Innenstädten in der Regel gute ÖPNV Anbindungen und somit Alternativen zum eigenen Fahrzeug vorhanden sind, wird der motorisierte Individualverkehr weiterhin Bestandteil der Mobilität in den Städten sein.

Auch im ländlichen und suburbanen Raum gilt es, die öffentliche Ladeinfrastruktur auszubauen. Zwar sind freie Flächen dort meist eher verfügbar als in den Zentren, sodass eine Nachrüstung durch Stellplätze mit Ladeinfrastruktur im Umfeld von Mehrfamilienhäusern möglich ist. Wegen fehlender ÖPNV-Anbindungen ist man aber stark auf den motorisierten Individualverkehr und somit zukünftig auch auf Lademöglichkeiten angewiesen, weshalb der Bedarf hier groß ist. Es bedarf eines Zusammenspiels von privater, halb-öffentlicher und öffentlicher Ladeinfrastruktur, um diesem Bedarf gerecht zu werden. Wohnungsunternehmen und -genossenschaften können für den Ausbau Flächen auf ihren Grundstücken zur Verfügung stellen.

Wir fordern daher Kommunen und Energieversorger auf, koordiniert öffentliche Ladeinfrastruktur sowohl in den Kernstädten als auch in Außenbezirken und im ländlichen Raum auszubauen, um ausreichend Zugang zu Lademöglichkeiten zu gewährleisten. Eine Kooperation mit der Wohnungswirtschaft ist dabei erstrebenswert. Dadurch können bereits bekannte Bedarfslücken geschlossen werden und eventuell zusätzlich benötigte Flächen auf den Grundstücken der Wohnungsunternehmen und -genossenschaften bereitgestellt werden.

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Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur

Flächendeckende und vorausschauende Lösungen beim Netzausbau

Steigende Energiebedarfe sollen zukünftig vermehrt durch klimafreundlichen Strom gedeckt werden. Da die Erzeugung klimafreundlichen Stroms volatil ist und häufig dezentral erfolgt, wird die Netzinfrastruktur sowohl im Gebäude als auch in den Übertragungs- und Verteilnetzen zunehmend belastet. Dass sowohl der Wärmebedarf als auch der motorisierte Individualverkehr zukünftig vor allem durch Strom gespeist werden sollen, führt durch die Umrüstung auf Wärmepumpen und die Installation von Ladepunkten in den Beständen der Wohnungswirtschaft zu erheblich höheren Stromverbräuchen.

Immer häufiger äußern Netzbetreiber/Energieversorger bei Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen daher Bedenken, dass die vorhandene Stromnetzinfrastruktur einen Anschluss zusätzlicher Wärmepumpen oder Ladepunkte nicht zulässt. In solchen Fällen sind dann ein aufwändiger Netzausbau und teure Nachrüstungen in Form von Trafostationen erforderlich, wodurch sich die Baumaßnahmen verzögern und die Investitionskosten steigen. Das bedeutet auch, dass bereits getätigte bauordnungsrechtlich geforderte Maßnahmen, etwa zur Installation von Leerrohren, zum Teil ins Leere laufen, da sie nicht genutzt werden können.

Wir fordern daher Kommunen und Netzbetreiber/Energieversorger auf, bei Netzplanung und -ausbau flächendeckende und vorausschauende Lösungen umzusetzen. Wie bei der kommunalen Wärmeplanung sollten Informationen über die Ausbaupläne inklusive Zeitangaben öffentlich zur Verfügung gestellt werden, um Planungs- und Investitionssicherheit zu ermöglichen. Zukünftige Entwicklungen bei Wärmepumpen-, Mieterstrom- und Ladeinfrastrukturbedarfen sollten dabei ebenso mitgedacht werden, wie Lösungen zur dezentralen Stromversorgung und eine entsprechende Einspeisung in die Netze. Das bedeutet auch, Tiefbauarbeiten effizient zu koordinieren und etwa Fernwärme- und Glasfaserleitungen gleichzeitig auszubauen, um zusätzliche Belastungen für die Anwohner durch Bauarbeiten zu reduzieren.

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Flächendeckende und vorausschauende Lösungen beim Netzausbau

Leitungs­infra­struk­tur­ausbau muss umlagefähig sein

Der Ausbau von Leitungsinfrastruktur für Ladepunkte muss als Modernisierungsmaßnahme umlagefähig sein. Nach § 559 BGB1 können Modernisierungsmaßnahmen zu acht Prozent auf die jährliche Miete umgelegt werden. Obwohl der Ausbau von Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität der Definition einer Modernisierungsmaßnahme entspricht, ist eine Umlagefähigkeit rechtlich nicht eindeutig geregelt, anders als es etwa beim Ausbau von Glasfaserleitungen der Fall ist. Für Wohnungsunternehmen und -genossenschaften besteht dadurch eine Rechtsunsicherheit, die den Ausbau bremst.

Der Glasfaseranschluss ist als Modernisierungsmaßnahme stets umlegbar, sofern Mietende ihren Anbieter selbst wählen können. Wie auch bei Glasfaserleitungen ist der Ausbau von Leitungsinfrastruktur für Lademöglichkeiten eine Investition, die grundsätzlich dem gesamten Gebäude und damit seiner Bewohnerschaft zu Gute kommt, wenn zukünftig elektrobetriebene Motoren zum Standard im Individualverkehr werden. Damit ist Mobilität ein ebenso gewichtiges Thema wie die Digitalisierung.

Wir fordern daher vom Bund, dass die Ausstattung von Wohngebäuden mit Leitungsinfrastruktur für Ladepunkte mit dem Ausbau von Glasfaserleitungen im BGB gleichgestellt und eine entsprechende Umlagefähigkeit eingeführt wird. Die Wohnungswirtschaft braucht Rechtssicherheit, indem der Ausbau von Ladeinfrastruktur konkret in § 555b BGB als Modernisierungsmaßnahme definiert und in § 559 BGB als umlagefähig aufgeführt wird.

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Leitungsinfrastrukturausbau muss umlagefähig sein

Einheitliche, einfache und ausreichende Förderung

Die Installation von Leitungs- und Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern ist aktuell nicht wirtschaftlich umsetzbar. Dies wäre nur möglich, wenn die dafür aufgewendeten hohen Kosten über höhere Preise für die Nutzerinnen und Nutzer refinanziert werden könnten. Dies würde aber zu einer unverhältnismäßigen zusätzlichen Belastung führen – die Mieten auf einem ohnehin angespannten Markt werden weiter nach oben getrieben.

Vor diesem Hintergrund sind Förderungen ein notwendiges Mittel, um die Kosten für Mieterinnen und Mieter bei der Nutzung von Lademöglichkeiten zu senken und das Laden im Mehrfamilienhaus attraktiver zu machen.

Aktuell gibt es auf Bundes- und Landesebene verschiedene Förderprogramme, die direkt oder indirekt den Ausbau von Ladeinfrastruktur fördern. Einige davon sind kombinierbar, andere nicht. Die Beantragung erfolgt über unterschiedliche Webseiten bei unterschiedlichen Behörden. In der Regel wird dabei die teure Hintergrundinfrastruktur (z.B. Stromleitungen und Stromzähler) nicht berücksichtigt, sodass die Höhe der Förderungen meist nur einen Bruchteil der realen Investitionskosten deckt.

Wir fordern daher Bund und Länder auf, einfach zugängliche, unbürokratische und aufeinander abgestimmte Förderprogramme explizit auch für die Wohnungswirtschaft unter Berücksichtigung der besonderen Situationen bei der Errichtung von Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern zu schaffen, deren Förderhöhe die realen Investitionskosten berücksichtigt, damit Mieterinnen und Mietern bezahlbares Laden ermöglicht wird.

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Einheitliche, einfache und ausreichende Förderung

Aktivierbarkeit der Elektromobilität als klimaneutrale Bauleistung

Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft arbeitet aktuell aktiv daran, ihre Bestände klimaneutral zu gestalten. Mit der Bereitstellung von Ladeinfrastruktur in ihren Beständen leisten die Wohnungsunternehmen und -genossenschaften einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehr und somit zur angestrebten Klimaneutralität in Deutschland bis 2045. Dennoch werden die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur und die damit einhergehenden Baumaßnahmen nicht als Beitrag zur Steigerung der Klimaneutralität dem Gebäude angerechnet. Dies sollte geändert werden: Trägt ein Wohnungsunternehmen oder eine -genossenschaft durch die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur zur Steigerung der Klimaneutralität bei, sollte dies als entsprechende Bauleistung dem Gebäude bzw. Quartier zugewiesen werden können.

Wir fordern daher vom Bund, die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur als klimaneutrale Bauleistung anzuerkennen und die Möglichkeit zu schaffen, sie als Aspekt zur Senkung der CO2-Emissionen von Gebäuden und Quartieren zu berücksichtigen.

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Aktivierbarkeit der Elektromobilität als klimaneutrale Bauleistung

Klare Regelungen zur Reduzierbarkeit von Stellplatzschlüsseln

Die Verkehrspolitik in Deutschland verfolgt das Ziel, klimaneutral zu werden und gleichzeitig den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. An diesem übergeordneten Ziel muss sich auch die Stellplatzpolitik orientieren.

Stellplatzverordnungen und Stellplatzsatzungen sehen vor, dass beim Wohnungsbau eine bestimmte Mindestanzahl an Pkw-Stellplätzen in Abhängigkeit der Wohneinheiten zu errichten ist. Stellplätze stehen allerdings in Flächenkonkurrenz zu Gebäuden sowie Grün- und anderen Nutzflächen und steigern die Kosten beim Wohnungsbau, welche sich dann in höheren Mietpreisen widerspiegeln. Durch den im GEIG2 geforderten Ausbau der Leitungsinfrastruktur für Lademöglichkeiten an allen Stellplätzen werden die Kosten noch zusätzlich erhöht.

Häufig sind die rechtlichen Vorgaben nicht bedarfsgerecht und beziehen die individuellen Voraussetzungen der Quartiere, das allgemeine Mobilitätsangebot vor Ort und das sich verändernde Mobilitätsverhalten der Bewohnerschaft nur unzureichend ein. Eine Reduzierung von „normalen“ Stellplatzangeboten muss möglich sein, um Platz zu schaffen für alternative Mobilitätsformen (z.B. „frei zugängliche“ E-Ladepunkte), grüne Frei- und Aufenthaltsräume und Wohnflächen.

Wir fordern daher von Land und Kommunen, dass sie einheitliche und klare Vorgaben zur Ermöglichung von Stellplatzreduzierung zu Gunsten von E-Ladepunkten vorlegen, die sich an der Lebenswirklichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner orientieren. Alternative Formen von Mobilität, etwa die Anbindung an ÖPNV oder die Schaffung von Fahrradabstellmöglichkeiten, müssen dabei ebenfalls Berücksichtigung finden. Eine entsprechende Regelung für Vorgaben zur Stellplatzreduzierung durch die Kommunen sollte in die Landesbauordnung aufgenommen werden.

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Klare Regelungen zur Reduzierbarkeit von Stellplatzschlüsseln

Angebote müssen vergleichbar sein

Betreibermodelle für Ladeinfrastruktur von Elektromobilitätsdienstleistern unterscheiden sich häufig mit Blick auf Höhe und Verteilung der Kosten und die Zuständigkeiten für Ausbau und Betrieb. Je nachdem ob ein Wohnungsunternehmen oder eine -genossenschaft Ausbau und Betrieb selbst übernehmen oder die Aufgaben in unterschiedlichem Maß an einen externen Dienstleister abtreten will, gibt es eine Vielzahl von Aspekten, die es zu berücksichtigen gilt. Dies betrifft insbesondere Mitgestaltungs-, Zugangs- und Kostenaspekte, die häufig sehr komplex und von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich geregelt sind. Das gilt insbesondere auch für Stadtwerke.

Wohnungsunternehmen und -genossenschaften sind bei der Zusammenarbeit mit den örtlichen Stadtwerken darauf angewiesen, dass die angebotenen Betreibermodelle fair geregelt sind und Aufwand und Kosten in einem angemessenen Verhältnis stehen. Insbesondere Unternehmen und Genossenschaften, die kommunenübergreifende Bestände haben, sind darauf angewiesen, dass die Modelle in den jeweiligen Kommunen vergleichbar sind, um zu hohen personellen Aufwand bei der Vertragsausgestaltung mit Dienstleistern und Mieterschaft zu vermeiden.

Wir fordern daher, dass Angebote von Elektromobilitätsdienstleistern, insbesondere von Stadtwerken, partnerschaftlich, transparent und vergleichbar gestaltet werden, damit Wohnungsunternehmen und -genossenschaften mit wenig Personalaufwand im Interesse ihrer Mieterschaft die für ihre Bestände passende Lösung wählen können. Ähnlich der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme sollte durch Bund bzw. Land ein Regelwerk geschaffen werden, das Elektromobilitätsdienstleistern einen Rahmen für ihre Angebote bietet.

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Angebote müssen vergleichbar sein

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Lena Weinert
Referentin für Nachhaltigkeit, Klima, Mobilität und Digitalisierung
Tel.: 0211 16998 68