thema der Wohnungswirtschaft
N°1 – Der perfekte Sturm

Klimaneutraler Gebäudebestand

CO2-Bilanz, Klimastrategie und Nach­haltig­keits­bericht­erstattung für Wohnungs­unter­nehmen und -genossen­schaften

Die Auseinandersetzung mit der Klimastrategie als Teil der Unternehmensstrategie ist nicht erst seit der aktuellen Klimagesetzgebung im Fokus der sozial orientierten Wohnungswirtschaft. Das Ziel ist klar: Der Gebäudesektor, der 120 Mio. t der CO2-Emissionen in Deutschland (Stand: 2020) verursacht, soll die Emissionen bis 2045 auf Netto-Null reduzieren. Die Umsetzung dieser Vorgaben wird aktiv vorangetrieben: Die Ermittlung eines Status quo mittels einer CO2-Bilanz, die darauf aufbauende Entwicklung einer Strategie für die einzelnen Cluster des Wohnungsportfolios und schließlich die Festlegung eines individuellen Klimapfads sind typische Wegpunkte in der Entwicklung einer Klimastrategie.

Zusätzliche Bedeutung hat die CO2-Bilanz durch die absehbare Aufteilung des CO2-Preises auf Vermieter und Mieter seit Januar 2023 gewonnen. Auch die am 21. Juni 2022 veröffentlichte CSR-Richtlinie, welche alle großen Kapitalgesellschaften ab dem Geschäftsjahr 2025 zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, macht die Ermittlung von Emissionen sowie die Definition und Umsetzung einer Strategie, die mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C nach dem Pariser Abkommens vereinbar ist, unabdingbar.

Der VdW Rheinland Westfalen unterstützt seine Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften bei der Prüfung oder Erstellung der CO2-Bilanz sowie der Entwicklung einer Klimastrategie. Zudem hat der Verband verschiedene Angebote in Form von Informationsveranstaltungen und Workshops für die Mitarbeitenden von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften. Darüber hinaus bietet der Verband ein Tool zur branchenüblichen Berechnung der CO2-Emissionen an. Weitere Informationen finden Sie im Abschnitt „Erwerb des CO2-Monitoring-Tools“.

Bitte wenden Sie sich an unsere Ansprechpartner, die Ihnen gerne einen individuellen Vorschlag für ihr Unternehmen unterbreiten.

Auf dieser Seite haben wir im Folgenden die wichtigsten Informationen für unsere Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften zum Thema „CO2-Bilanz, Klimastrategie und Nachhaltigkeitsberichterstattung“ zusammengestellt.

Die Informationen werden laufend aktualisiert und vervollständigt.

Die folgenden Erläuterungen dienen dazu, einen ersten Einstieg in die CO2-Bilanzierung zu finden:

CO2-Bilanz

  • Ergebnis der CO2-Bilanz ist eine Menge an Emissionen. Es handelt sich bei der CO2-Bilanz nicht um eine Gegenüberstellung von Wertkategorien wie bei der kaufmännischen Bilanz nach HGB.
  • Die ermittelte Emissionsmenge wird branchenüblich in erster Linie zur Wohnfläche [qm] in Bezug gesetzt. Als weitere Angabe kann ein Bezug zur Wohneinheit vorgesehen  werden.
  • Eine CO2-Bilanz kann zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen, indem sie die Emissionsquellen identifiziert und die Möglichkeit bietet, Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen zu ergreifen. Ein Unternehmen kann z. B. seine CO2-Bilanz erstellen, um zu sehen, wo es seine Emissionen reduzieren kann. Dies ermöglicht es ihm später, eine geeignete Klimastrategie zu entwickeln und quantitative Ziele festzulegen.

Bilanzrahmen

  • Als Ausgangspunkt der CO2-Bilanzierung ist zunächst der Bilanzrahmen festzulegen, d.h. es sind die Bereiche zu bestimmen, die bei der Ermittlung der Emissionen betrachtet werden sollen. Hierzu bietet die GdW Arbeitshilfe 85 wertvolle Unterstützung (Gliederungspunkt 3).
  • Im wohnungswirtschaftlichen Bilanzrahmen wird insbesondere der vermietete Wohnungsbestand sowie der sonstige vermietete Bestand (bspw. Gewerbeeinheiten) betrachtet.
  • Die eigene Geschäftsstelle einschließlich Fuhrpark kann aus Vereinfachungsgründen zunächst in der CO2-Bilanz vernachlässigt werden. Perspektivisch empfiehlt der Verband eigengenutzte und angemietete Räumlichkeiten einzubeziehen.
  • Die Emissionen aus Fern-/Nahwärme und Stromnutzung sind in die CO2-Bilanz der Wohnungsunternehmen aufzunehmen, da sie aus wohnungswirtschaftlicher Sicht durch den Betrieb/die Beheizung/die Warmwasserbereitung in den Gebäuden verursacht sind.
  • Emissionen aus der Herstellung der Gebäude, die in den Baumaterialien stecken und durch Herstellung, Transport, Verarbeitung und Entsorgung entstehen (graue Emissionen), sind (bisher) nicht relevant.

Ermittlung der Emissionen

  • Die Emissionsmenge wird aus dem Produkt von Energieverbrauch und Emissionsfaktor ermittelt.
  • Formel: Endenergieverbrauch x Emissionsfaktor des Energieträgers = Emissionsmenge

Branchenübliche Emissionsfaktoren

  • Als Emissionsfaktoren sollten zunächst die GdW-Defaultwerte aus Tabelle 12 und 13 der GdW Arbeitshilfe 85 verwendet werden.

Ermittlung des Energieverbrauchs

  • Es sind die Energieverbrauchsdaten für Heizung, Warmwasserbereitung und Allgemeinstrom für alle Wohneinheiten zu ermitteln – unabhängig davon, ob dafür beim Wohnungsunternehmen eigene tatsächlich abgerechnete Verbräuche vorliegen oder nicht (z.B. Mieter Vertragspartner des Energieversorgers). Die Bereiche sind voneinander separat zu erfassen.
  • Ebenfalls zu trennen ist nach den Energieträgern (z. B. Erdgas, Heizöl, Kohle, Holz, Solarthermie, Strom), da diesen unterschiedliche Emissionsfaktoren zuzuordnen sind.
  • Daneben sind Verbräuche für Fern- und Nahwärme, getrennt nach ihren Quellen (GdW Arbeitshilfe 85 Tabelle 13), zu erfassen.
  • Vorrangig sind tatsächliche Energieverbräuche/gemessene Verbrauchswerte in der CO2-Bilanz zu verwenden. Dadurch können die Emissionen aus einer CO2-Bilanz erst nach Vorliegen aller gemessenen Werte ermittelt werden (Zeitversatz: Emissionen 2022 sind erst in 2023 bekannt). Nur wenn gemessene Verbrauchswerte nicht vorliegen, sollte in folgender Reihenfolge der Priorität auf andere Werte zurückgegriffen werden:
  1. Energieausweise, verbrauchsorientiert
  2. Energieausweise, bedarfsorientiert
  3. Baualtersklassen oder andere Defaultwerte (z.B. aus der GdW Arbeitshilfe 85)

Klimabereinigung der Energieverbrauchsdaten

  • Zur Analyse von Emissionswerten im Zeitablauf innerhalb des eigenen Bestandes kann eine Klimabereinigung der Energieverbräuche für Heizwärme vorgenommen werden, um die Effekte der unterschiedlichen Außentemperaturen in einzelnen Jahren zu eliminieren.
  • In diesem Zusammenhang muss bei der Erstellung der CO2-Bilanz der ermittelte Energieverbrauch auf die Bereiche Heizung, Warmwasserbereitung und Allgemeinstrom aufgeteilt werden.
  • Hierzu bietet die GdW Arbeitshilfe 85 unter dem Gliederungspunkt 6.2 „Weitere Berechnungsgrundlagen“ wertvolle Unterstützung.
  • Synonyme für den Begriff Klimabereinigung sind Witterungs- und Temperaturbereinigung.

Folgende vereinfachte Darstellung kann als Gerüst für eine erste CO2-Bilanzierung verwendet werden:

WIE Wohn-einheit (Nr.) Wohn-fläche (qm) Energie-träger, z. B. Gas, Öl, Kohle, Fernwärme Zweck, z. B. Heizung, Warmwasser oder All-gemeinstrom Energie-verbrauch Einheit Energie-verbrauch Emissions-faktor (g/kWh) Emissionen (t CO2-Äquivalent)
A B C D E F G H I = F x H/1 Mio.
5 12 85 Erdgas Heizung 11.000 kWh 201,6 2,22
5 12 85 Erdgas Warmwasser 1.600 kWh 201,6 0,32
5 12 85 Strom aus Ökotarif Allgemein-strom 300 kWh 0 0
10 25 120 Fernwärme Heizung 13.700 kWh 172 2,35
10 25 120 Fernwärme Warmwasser 2.600 kWh 172 0,45

Erläuterungen zur Tabelle:

  • Es ist zu beachten, dass eine Klimabereinigung noch zu ergänzen wäre.
  • Für Zwecke der Erarbeitung einer Klimastrategie wäre eine Zusammenfassung der Wohneinheiten bzw. eine Trennung der WIE auf einzelne Gebäude notwendig.
  • Der Emissionsfaktor für Fernwärme von 172 g/kWh ist der Tabelle 13 der GdW Arbeitshilfe 85 entnommen als Defaultwert im bundesweiten Durchschnitt.
  • Die Division durch 1.000.000 in Spalte I ist erforderlich zur Umrechnung der unterschiedlichen Gewichtseinheiten für die Emissionen bei Emissionsfaktor (g – Gramm) und dem Endergebnis an Emissionen (t – Tonnen)

Immobilienbewertung

  • Die Nutzungsdauer der Gebäude muss eine realistische Dimension vor dem Hintergrund der verfolgten Klimastrategie aufweisen. Die Nutzungsdauern sollten überprüft und ggf. angepasst werden. Eine Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) bei der Bewertung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz ist in diesem Fall zulässig, da sie auf der aktuellen Klimaschutzgesetzgebung basiert. Eine Angabe im Anhang ist erforderlich (§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB).
  • Hohe Investitionskosten für energetische Sanierungen bzw. energetisch hocheffiziente Neubauten sind ggf. nicht bzw. nicht in voller Höhe über die Mieten refinanzierbar. Daraufhin ist der beilzulegende Wert zu überprüfen (gemildertes Niederstwertprinzip nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB).

Abgrenzung aktivierungspflichtige Herstellungskosten von den laufenden Instandhaltungsaufwendungen

  • Es gelten die bestehenden Grundsätze zur Abgrenzung der aktivierbaren Herstellungskosten von den laufenden Instandhaltungsaufwendungen.
  • Insbesondere der reine Austausch einer Heizungsanlage in einem Objekt kann i.d.R. nicht als Herstellungskosten aktiviert werden, sondern ist dem laufenden Instandhaltungsaufwand zuzuordnen. Denn nur die Reduzierung der CO2-Emissionen bei einem Objekt reicht (bisher) – selbst, wenn sie wesentlich ist – nicht als alleiniges Kriterium zur Aktivierung aus.
  • Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich durch zusammenhängende Sanierungsmaßnahmen. Kommen über den Heizungsaustausch hinaus planmäßig – ggf. auch zeitlich nachgelagert – weitere Maßnahmen am Objekt zum Tragen (z. B. Erneuerung der Fassade, des Daches oder auch der Bäder, etc.), dann ist zu prüfen, ob eine Aktivierung nach den branchenüblichen Kriterien wertverbessernder Maßnahmen in Betracht kommt. Voraussetzung für eine Aktivierung ist die wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes „Gebäude“ über den ursprünglichen Zustand hinaus.
  • Eine ausführliche Darstellung zur bilanziellen Behandlung wird derzeit beim GdW bearbeitet und anschließend hier ergänzt.

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. hat im November 2020 die Arbeitshilfe 85 zum CO2-Monitoring herausgebracht. Darin sind Informationen zur Erhebung und Verarbeitung von Energieverbrauchswerten, Aggregation, Monitoring und Berichterstattung über CO2- und Treibhausgasemissionen gesammelt. Der VdW Rheinland Westfalen möchte an dieser Stelle zunächst auf die Arbeitshilfe 85 verweisen und im Folgenden weitere Hinweise zum Thema geben.

Fragestellungen und besondere Herausforderungen bei der CO2-Bilanzierung und der Entwicklung einer Klimastrategie sowie der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Müssen Wohnungsunternehmen eine CO2-Bilanz bzw. einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen?

Derzeit müssen kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen (nichtfinanzielle Erklärung nach § 289b ff. HGB), der u. a. auf einer CO2-Bilanz basiert. Die Berichtspflichten werden aktuell ausgeweitet. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gibt es neue Anforderungen an das ESG-Reporting. ESG steht dabei für Economical (Ökologisch), Social (Sozial) und Governance (Unternehmensführung).  Die Nachhaltigkeitsberichtserstattung basiert zukünftig auf den umfangreichen European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Ab dem Geschäftsjahr 2025 sind alle großen Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 HGB verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht nach den ESRS zu erstellen und als Bestandteil des Lageberichtes offen zu legen.

Inwiefern diese Pflicht auch kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften trifft, die satzungsgemäß ihren Jahresabschluss wie große Kapitalgesellschaften zu erstellen haben (i. d. R. Kapitalgesellschaften mit öffentlich-rechtlichen Gesellschaftern, welche basierend auf öffentlich-rechtlichen Bestimmungen die Gesellschaftsverträge entsprechend ausgestalten müssen, z. B. nach § 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW), kann zum jetzigen Zeitpunkt (Februar 2023) noch nicht abschließend beurteilt werden. Auch die Anwendung bei großen Genossenschaften ist aktuell ungeklärt. Zur Beurteilung müssen die weiteren Schritte im Bundesjustizministerium zur nationalen Integration der CSRD in das HGB abgewartet werden.

Über die großen Kapitalgesellschaften hinaus sollen unter bestimmten Voraussetzungen ab dem Jahr 2026 auch kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sein.

Die Richtlinie sieht eine Prüfungspflicht des Nachhaltigkeitsberichtes mit begrenzter Sicherheit (limited assurance) vor.

Es gibt für andere Unternehmen darüber hinaus keine Verpflichtung zur Aufstellung einer CO2-Bilanz. Der Verband empfiehlt jedoch vor dem Hintergrund der aktuellen Klimaschutzgesetzgebung mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 für den Gebäudesektor, die Bestände auf den Emissionsausstoß hin zu untersuchen – mithin eine CO2-Bilanz zumindest in groben Zügen zu erstellen – und daraus eine Klimastrategie abzuleiten, um das Wohnungsunternehmen nachhaltig für die Zukunft aufzustellen. Zudem ist eine solche Planung die Grundlage für eine Investitionsstrategie, die an einer Reduktion der CO2-Emissionen ausgerichtet wird.

Ist eine erstellte CO2-Bilanz jährlich zu aktualisieren bzw. neu aufzustellen?

Auch dazu gibt es außerhalb der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung (siehe 1.) keine Regelungen. Um analysieren zu können, ob und wie die vom Wohnungsunternehmen eingeleiteten Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen wirken, ist ein Update der CO2-Bilanz jedoch unumgänglich. Der empfehlenswerte Turnus ist von der Größe des Wohnungsunternehmens und vom Umfang der Bautätigkeit (Neubauten oder energetische Sanierungen) abhängig und reicht von der jährlichen Erstellung einer CO2-Bilanz bis hin zu einer Aufstellung alle 5 Jahre.

Ist eine freiwillig – ohne gesetzliche Verpflichtung (siehe 1.) – erstellte CO2-Bilanz prüfungspflichtig?

Grundsätzlich: nein.

Wenn Ergebnisse aus der erstellten CO2-Bilanz jedoch in den prüfungspflichtigen Lagebericht aufgenommen werden (insbesondere nichtfinanzielle Leistungsindikatoren bei großen Gesellschaften, § 289 Abs. 3 HGB), werden im Rahmen der Prüfung nach § 53 GenG bzw. der Jahresabschlussprüfung nach § 316 ff. HGB angemessene Prüfungshandlungen zu den Werten durchgeführt.

Sind CO2-Emissionen und/oder Treibhausgas-Emissionen zu erheben?

In der Praxis werden bisher beide Emissionen berechnet. Zur angestrebten Klimaneutralität sind CO2-Äquivalente zu berücksichtigen.

Der ESRS E1 betreffend den Klimawandel, der Angabepflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD regelt (vgl. Frage 1) bezieht sich auf Treibhausgasemissionen. Die Verringerung der Treibhausgasemissionen kann demnach z.B. in CO2-Äquivalenten angegeben werden. Die relevanten Emissionen umfassen die Scopes 1 bis 3. Das bedeutet, dass z. B. sowohl Emissionen aus Anlagen im Gebäude als auch Emissionen aus bezogener Energie sowie Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette des Gebäudesektors relevant sind.

Im Rahmen der CO2-Bepreisung ist der Fokus auf den CO2-Ausstoß zu legen.

Aus welchen Quellen sollten die Energieverbrauchsdaten stammen? Können sie den Energieausweisen entnommen werden?

Wenn tatsächliche Verbrauchswerte vorliegen, sollten immer diese verwendet werden. In den Fällen, in denen kein realer Verbrauch bekannt ist, sollten in folgender Reihenfolge alternative Daten verwandt werden:

Energieausweise, verbrauchsorientiert

Energieausweise, bedarfsorientiert

Baualtersklassen oder andere Defaultwerte

Sind Energieverbräuche aus dem Referenzjahr 1990 für den Wohnungsbestand zu erheben?

Die Energieverbräuche aus dem Referenzjahr 1990 müssen nicht bestimmt werden. Die initiale Erstellung der CO2-Bilanz gibt für künftige Bilanzen einen Referenzwert. Durch den Vergleich zum Referenzjahr können der Einfluss etwaiger Modernisierungen und die Umsetzung des unternehmensinternen Klimapfads nachvollzogen werden. Mögliche Verzerrungen der Verbrauchsdaten durch die Coronapandemie sind für Vergleiche mit den Folgejahren ggf. zu beachten.

Wie geht man mit Strom aus eigenen regenerativen Anlagen (PV) um?

Fall 1 Der Ökostrom wird für Zwecke von Heizungswärme, Warmwasserbereitung oder Allgemeinstrom im eigenen Gebäude oder für unternehmenseigene Zwecke (z. B. Betanken der E-Autos bei der Einbeziehung des eigenen Fuhrparks in die CO2-Bilanz) eingesetzt:

Der Strombezug ist in der CO2-Bilanz mit aufzunehmen. Durch den Emissionsfaktor von Null ergeben sich ohne Berücksichtigung von Vorketten aus diesem Energieverbrauch jedoch keine Emissionen.

Fall 2 Der Ökostrom wird ins Netz eingespeist oder den Mietern für den persönlichen Strombedarf (Ausnahme: elektrische Warmwasserbereitung – dann Fall 1) zur Verfügung gestellt:

Da der Strom nicht für die Tätigkeiten innerhalb des CO2-Bilanzrahmens des Wohnungsunternehmens eingesetzt wird, ist er für die CO2-Bilanz irrelevant.

Eine Kompensation eigener Emissionen durch die Erzeugung regenerativen Stroms ist in diesen Fällen nicht möglich (vgl. Arbeitshilfe 85 des GdW in der Anlage 1). Nichtsdestotrotz kann auf diesen wichtigen Beitrag zur Erzielung der Treibhausneutralität hingewiesen werden.

Was ist zu tun in den Fällen, in denen das Wohnungsunternehmen den Energieverbrauch selbst nicht kennt?

Gasetagenheizungen

Energieversorger sollten um die anonymisierte Weitergabe der Verbrauchsdaten gebeten werden. Es gibt eine kleine Gruppe von Energieversorgern, die diese Daten melden. Andere Energieversorger weisen die Anfragen mit Hinweis auf den Datenschutz ab. Ggf. können Vollmachten der Mieter eingeholt werden oder der Energieversorger kann den Energieverbrauch einer größeren Grundgesamtheit – z. B. eines ganzen Gebäudes – zur Verfügung stellen.

Alternativ ist nach den Methoden der GdW Arbeitshilfe 85 zu verfahren (u. a. Nutzung von Energieausweisen, vgl. 5.1 unter der Überschrift „Dezentrale Energieverbräuche, die nicht der Heizkostenverordnung unterliegen“) oder anhand der Wohnungsgrößen und ggf. Gebäudedaten mithilfe vergleichbarer Daten aus eigenen Beständen hochzurechnen/abzuschätzen.

Für notwendige Schätzungen bietet die GdW Arbeitshilfe 85 auch Defaultwerte für Verbräuche (vgl. Tabelle 10 S. 30). Diese sind an den energetischen Modernisierungszustand des Gebäudes geknüpft. Der Energieverbrauch für Warmwasser ist in den Defaultwerten für Gasetagenheizungen bereits enthalten.

Dezentrale Elektrische Warmwassererzeugung (Durchlauferhitzer/Wohnungsstation)

Gemäß der Arbeitshilfe 85 des GdW können bei einer dezentralen Warmwassererzeugung 15 kWh/m² im Strombereich angesetzt werden. (vgl. Tabelle 10 S. 30 der GdW AH 85)

Ofenheizungen

Die GdW Arbeitshilfe 85 stellt verschiedene Verfahren zur Abschätzung des Energieverbrauches dar, u.a. Nutzung von Energieausweisen (vgl. 5.1 unter der Überschrift „Dezentrale Energieverbräuche, die nicht der Heizkostenverordnung unterliegen“). Wenn die Berechnung unter Zuhilfenahme von Defaultwerten erfolgen soll, können die Werte in Tabelle 10 S. 30 der Arbeitshilfe verwendet werden.

Wie wird mit dem Stromverbrauch von Wärmepumpen, Infrarotheizungen, Nachtspeicheröfen u.ä. umgegangen, wenn es keine separaten Heizstromzähler gibt?

Der Heizstrom ist getrennt vom Allgemeinstrom zu erfassen, um die Klimabereinigung vornehmen zu können.

Es können Defaultwerte aus der GdW Arbeitshilfe 85 (Tabelle 10) für dezentral beheizte Mehrfamilienhäuser verschiedener Energieversorgungsformen, wie z. B. Nachtspeicherheizung oder Wärmepumpe, aufgeteilt nach dem Verbrauch für Heizung und Warmwasser verwendet werden.

Alternativ können Erfahrungswerte zu dem Verbrauch für Allgemeinstrom bei vergleichbaren Objekten zur Schätzung beitragen. In der Arbeitshilfe 85 des GdW wird für die Alten Bundesländer ein durchschnittlicher Energieverbrauchswert für Hausbedarfsstrom von 3,3 kWh/qm/a angegeben (Tabelle 6). Wenn vom gesamten Stromverbrauch für das Objekt der abgeschätzte Allgemeinstrom abgezogen wird, verbleibt der Heizstrom als Restgröße. Sollte der Strom für die Warmwasserbereitung ebenfalls im gesamten Strombedarf für das Objekt enthalten sein, kann aus Tabelle 10 ein Defaultwert für zentrale Warmwasserbereitung  zum Subtrahieren entnommen werden.

Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es, wenn Energieversorger sich die Rechte auf eine konkrete Energieversorgung grundbuchlich gesichert haben?

Sollten den Wohnungsunternehmen derartige Vereinbarungen von Seiten der Energieversorger angeboten werden, sind die Auswirkungen im Hinblick auf den individuellen Klimapfad des Wohnungsunternehmens bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Bei bestehenden Vereinbarungen sollte zunächst auf die Energieversorger zugegangen werden, ob eine Anpassung vor dem Hintergrund der aktuellen Klimaschutzgesetzgebung möglich ist. Wenn es an dieser Stelle keine Änderungsmöglichkeit gibt, dann können bei den betreffenden Objekten keine Anpassungen beim Energieträger vorgenommen werden.

Wie kann die Plausibilität der erstellten CO2-Bilanz überprüft werden?

Benchmark-Informationen: Derzeit liegen die im Rahmen einer CO2-Bilanzierung ermittelten Emissionen von Wohnungsunternehmen durchschnittlich zwischen 1,4 und 2,5 t CO2/ Wohneinheit .

Wenn der ermittelte Wert in der eigenen CO2-Bilanz in dieser Bandbreite liegt, dann kann unter Plausibilitätsgesichtspunkten damit weitergearbeitet werden.

In der Regel ergeben sich durch mehrere Durchläufe/Jahre und Verfeinerungen des Detaillierungsgrades bei der erstellten CO2-Bilanz über den Zeitablauf immer belastbarere Emissionswerte.

Eine freiwillige Prüfung der CO2-Bilanz kann beim Verband beauftragt werden.

Ist der Emissionsausstoß bei Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen?

Vor dem Hintergrund der Klimaschutzgesetze und der avisierten Einsparziele bei CO2-Emissionen für den Gebäudesektor ist im Rahmen von Investitionsentscheidungen die verfolgte Klimastrategie zu berücksichtigen.

In die Investitionsrechnungen sind Prämissen für die Entwicklung von CO2-Preisen und der Verteilung der CO2-Preise anhand des CO2-Kostenaufteilungsgesetzes auf Mieter und Vermieter einzubeziehen.

Es ist zudem zu überdenken, ob im Rahmen der Wirtschaftsplanung eine Erweiterung der Planungszeiträume auf 10 Jahre vorzunehmen ist, um die eintretenden Effekte aus den notwendigen Investitionen abbilden zu können.

Ist eine Form von Contracting bei der Errichtung von wärmegeführten Anlagen zu empfehlen?

Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden. Hier kommt es u.a. auf die Größe des Wohnungsunternehmens an. Es ist abzuwägen, wieviel Know-how und Personal vorhanden ist, um diese Themen in Eigenregie – also ohne Unterstützung durch einen Contractor – abzuwickeln.

Einige Contracting-Vertragspartner legen den gesamten CO2-Preis ausschließlich auf die Wärme und gar nicht auf den Strom um. Das ist kritisch zu beurteilen.

Steuerliche Aspekte sind bei der Gestaltung des Contracting ebenfalls zu berücksichtigen.

Welche Software kann bei der CO2-Bilanzierung unterstützen?

Für den Einstieg ist eine Umsetzung der CO2-Bilanzierung mithilfe einer Excel-Tabelle möglich. Die Initiative Wohnen 2050 (iw.2050) bietet für Mitgliedsunternehmen ein Tool an, welches ebenfalls auf Excel basiert. Der Verband hat ebenfalls ein Tool zur Unterstützung der Wohnungsunternehmen entwickelt, das im März 2023 vorgestellt wurde und derzeit käuflich erworben werden kann (siehe Teil „Erwerb des CO2-Monitoring-Tool“). Zur Einführung in die Bedienung des Tools, bietet der Verband auch eine Schulung an, die Kombination mit dem Tool erworben werden kann. Daneben gibt es noch verschiedene weitere Anbieter.

In welchem Zusammenhang steht die EU-Taxonomie mit den CO2-Bilanzen bzw. der Nachhaltigkeit? Welche Wohnungsunternehmen sind davon betroffen?

Die EU-Taxonomie ist ein Instrument, welches Investoren, Unternehmen, Emittenten und Projektträger beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen, widerstandsfähigen und ressourceneffizienten Wirtschaft unterstützen soll. Durch die EU-Taxonomie wurde ein Klassifizierungssystem geschaffen, welches ab dem 01.01.2022 für das Geschäftsjahr 2021 die Umsatzerlöse sowie Investitionen (Capex) und Aufwendungen (Opex) hinsichtlich ihrer ökologischen Gesichtspunkte einstuft und Kapitalflüsse hin zu nachhaltigen Investitionen lenken soll. Die EU-Taxonomie ist ab dem Jahr 2021 (Berichtszeitraum 2022) von allen Anbietern von Finanzmarktprodukten sowie allen kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern anzuwenden.

Die EU-Taxonomie betrifft alle Wohnungsunternehmen dadurch, dass bei der Kreditvergabe auf ökologisch nachhaltige Gesichtspunkte von den Kreditgebern geachtet wird. CO2-Bilanzen nehmen deshalb eine wesentliche Rolle dabei ein, die ökologische Nachhaltigkeit des Wohnungsbestandes zu belegen.

Für Wohnungsunternehmen, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind (vgl. Frage 1), hat die EU-Taxonomie direkt über Art. 8 der EUTax-VO Relevanz. Darin ist eine Verbindung zwischen der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und Angabepflichten nach den Klassifizierungen der EU-Taxonomie geregelt.  Der ESRS 1 zu Allgemeinen Anforderungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD verweist in Textziffer 111 darauf, dass Angaben nach Art. 8 der EUTax-VO offenzulegen sind.

Ändern sich die Emissionsfaktoren jährlich?

Die Faktoren für fossile Energieträger, wie Gas oder Öl, verändern sich nicht. Der Emissionsfaktor für den eingesetzten Strom verändert sich (Ausnahme Ökostrom) durch die verstärkte Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. In der Klimastrategie ist für zukünftige Zeiträume eine Annahme zu treffen, in welchem Maße sich über den Zeitablauf der Emissionsfaktor für Strom beim Einsatz des allgemeinen Strommixes bis auf Netto-Null reduziert.

Warum gibt es unterschiedliche Emissionsfaktoren für ein und denselben Energieträger, z. B. Gas, u.a. von GEMIS oder dem Nationalen Emissionshandel (vgl. Tabelle 12 der GdW-Arbeitshilfe 85)?

Die unterschiedlichen Emissionsfaktoren für ein und denselben Energieträger resultieren aus verschiedenen, bei der Berechnung getroffenen Annahmen. Dies betrifft insbesondere jene Annahmen, die den vor- und nachgelagerten Prozessen, wie bspw. dem Transport, zugeordnet werden.

Werden bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Jahr 2025 die Emissionen aus 2025 oder 2024 benötigt? (Zeitversatz aufgrund der Abrechnung der verbrauchten Energiemenge erst nach Abschlussstichtag)

Nach der CSR-Richtlinie ist über die jahresgleichen Emissionen zu berichten. Das bedeutet in den Fällen, in denen der Nachhaltigkeitsbericht aufgestellt wird bevor die Energieversorgungsunternehmen oder Dienstleister die Abrechnungen erstellt haben, dass ausgehend von den abgerechneten tatsächlichen Energieverbräuchen und daraus ermittelten Emissionen für das Jahr 2024 über Abschätzungen und Annahmen der Energieverbrauch sowie die Emissionsmenge für das Jahr 2025 nach ESRS E1 abzuschätzen sind.

Für die Abschätzung verwendet die VIVAWEST folgende Faktoren für die Reduzierung des Energieverbrauches, die sie uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt:

Energetische IH-MaßnahmeAnsatz VIVAWEST
Einbau neuer Heizanlage13,6 %
Dämmung Fassade29,6 %
Dämmung oberste Geschossdecke19,1 %
Dämmung Kellerdecke7,1 %
Erneuerung Fenster10,6 %

Kann bei verbundenen Anlagen und der Aufteilung der verbrauchten Energiemenge auf Heizung und Warmwasserbereitung für Zwecke der Klimabereinigung auf einen mittleren Wert für Aufteilungszwecke zurückgegriffen werden? (verschiedene Werte je nach Alter der Heizungsanlage vgl. Anlage 3 Tabelle 10 der AH 85 des GdW)

Grundsätzlich spricht im ersten Schritt nichts gegen die pauschale Verwendung eines Mittelwertes, da die Klimabereinigung bisher nur internen Zwecken dient (CO2-Emissionen des eigenen Unternehmens im Zeitvergleich) und für die externe Berichterstattung nicht zielführend ist. Die CO2-Bilanz wird sich mit jeder Neuerstellung weiter detaillieren. Die Effekte von zukünftigen Sanierungsmaßnahmen im Sinne der Reduzierung der CO2-Emissionen werden aber deutlicher gezeigt werden können, wenn perspektivisch nicht mit einem pauschalen Wert gerechnet wird. Nur so werden die vormals hohen Zirkulationsverluste bei unsanierten Objekten und alten Anlagen sich auch in den Emissions-zahlen vor und nach Sanierung widerspiegeln.

Kann die Begrünung von Flächen, Bepflanzungen, Entsiegelungen oder Ähnliches in der CO2-Bilanz angerechnet werden?

Die GdW Arbeitshilfe 85 besagt, dass derzeit hierfür keine Regelungen bestehen (vgl. Anlage 1 der Arbeitshilfe).

Erwerb des CO2-Monitoring-Tools

Zur Bewältigung der Aufgabe, den gesamten Wohnungsbestand bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu gestalten, gibt es verschiedene Herangehensweisen und Lösungsansätze.

Das CO2-Monitoring-Tool, welches am 1. März 2023 in unserem Webinar vorgestellt wurde, ist dazu dienlich, den CO2-Ausstoß der bewirtschafteten Gebäude zu erheben und damit den Ausgangspunkt für eine individuelle, auf den jeweiligen Wohnungsbestand von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften abgestimmte Klimastrategie zu erarbeiten.

Das Tool ist hier gegen Rechnung bestellbar.

Durch den käuflichen Erwerb des Tools erhalten Sie ab dem 31.03.2023 einen Downloadlink in Kombination mit einem Passwort, über den Sie das Tool auf Ihren Rechner herunterladen können.

Timon Lösche
Berater für Klimaneutralität, Prüfungsassistent
Tel.: 0211 16998-628