Baustoff

- Das Thema
Der richtige Holzweg
Der Standardbau in Deutschland ist massiv – und das hat massive Auswirkungen auf den Klimawandel, weil mit ihm ein enormer Ausstoß an Kohlendioxid einhergeht. Wohnungswirtschaft, Bauwirtschaft und Politik haben deshalb den Weg zurück eingeschlagen: den Weg zum Holz. Wenn es um den Wohnungsbau geht, war das Holz zuerst da. Noch bis zur Jungsteinzeit wohnten etwa die Menschen am Bodensee in den weithin bekannten Pfahlbauten. Inzwischen sind Steine und Beton die weit überwiegenden Baustoffe, wenn es um die Errichtung von Gebäuden geht. Die Folge: 2,8 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr verursacht weltweit alleine die Herstellung von Zement, das sind acht Prozent der gesamten CO2-Emissionen auf der Erde. Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen in Deutschland (DGNB) aus dem Jahr 2021 entstehen bei konventionellen Neubauten 500 bis 800 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter, betrachtet man einen Lebenszyklus von 50 Jahren. Am meisten für diese schlechte Umweltbilanz verantwortlich sind einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zufolge Zement, Kalk und Gips. Holz hingegen speichert Kohlendioxid. Die eine Baumart mehr, die andere weniger. Je dichter das Holz, desto größer das gespeicherte CO2. Eine 35 Meter hohe Fichte mit einem Holzvolumen von 3,4 Kubikmeter beispielsweise hat in 100 Jahren etwa 2,6 Tonnen CO2 aufgenommen, eine Buche mit demselben Holzvolumen knapp eine Tonne mehr. Von den heimischen Baumarten gehört die Hainbuche zu denen, die am meisten CO2 speichern. Holz möglichst lange nutzen Holz ist deshalb zu schade zum Verbrennen. Feuer setzt das gespeicherte CO2 schließlich wieder frei, wo man es doch so lange wie möglich gebunden halten sollte. Holz ist idealerweise in einer Kaskade zu nutzen: Zunächst als Vollholz in Form von Balken, nach dem Wiederausbau gegebenenfalls als Span verarbeitet, nach erneutem Ausbau in faserbasierten Produkten eingesetzt, später in der chemischen Industrie verwendet.

- Unterwegs
Vom Wald zur Wohnung
In unseren heimischen Wäldern beginnt eine Reise, die in Wohnquartieren endet. In Solingen sind wir der Spur des Baustoffes Holzes gefolgt – bis nach Münster. Früher Morgen am Solinger Waldrand: Der Nebel hängt zwischen den Bäumen, der Regen fällt in leichten Tropfen und die kühle Luft ist durchzogen von dem erdigen Duft des Waldes. In der Ferne hört man das Knacken der Äste, die sich im Wind biegen. Plötzlich durchbricht das kräftige Geräusch einer Motorsäge die Stille. Mit einem lauten Krachen fällt ein Baum, der Waldboden bebt. Mit diesem Fall tritt das Holz hier, im Staatsforstbezirk Großgrimberg, seine Reise an, die es bis in Wohnquartiere führt – in Form von Häusern, Fassaden und Quartieren. Das Material, das hier geerntet wird, spielt eine Schlüsselrolle im nachhaltigen Bauen. Doch nicht jedes Holz ist geeignet. Welche Holzarten sind besonders gefragt? Warum fällt man Bäume, um umweltfreundlich zu bauen? Und wie trägt dieser Rohstoff zur Entwicklung neuer Stadtviertel wie dem YORK-Quartier in Münster bei? Diese Fragen gehen uns durch den Kopf, als wir an diesem Januarmorgen über den teils matschigen Boden stapfen.„Für den Wohnungsbau braucht man Holz, das stabil, langlebig und widerstandsfähig ist“, erklärt uns Mathias Rümping, Revierleiter im Staatsforstbezirk Großgrimberg. Während er mit geübtem Blick einen frisch gefällten Stamm begutachtet, erläutert er die Unterschiede: „Lärche und Douglasie sind besonders für den Außenbau beliebt. Sie trotzen Wind und Wetter, sind leicht zu verarbeiten und besonders widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit. Fichten können als Konstruktionsholz für Dachstühle eingesetzt werden und Eichen wiederum sind besonders gut als Bau- oder Möbelholz geeignet.“ Welches Holz fürs Bauen genutzt wird, hängt aber nicht nur davon ab. „Besonders bei der Fichte merken wir die Auswirkungen des Klimawandels“, erklärt Rümping. „Die Bäume sind anfällig für Krankheiten und Schädlinge.