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Pressemitteilung

Wohnen: Hohe Ansprüche treffen auf harte Realität

11. September 2024

Unter den aktuellen Rahmenbedingungen sind die gesteckten Ziele im Wohnungsbau für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft nicht erreichbar. Diese Einschätzung teilte der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen auf seiner Jahrespressekonferenz am 11. September 2024 in Düsseldorf mit. „Mehr bezahlbare Wohnungen schaffen, mehr Wohnungen neu bauen, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral gestalten, die Energie- und Wärmewende umsetzen – all das soll die Wohnungswirtschaft leisten. Aktuell ist all das gleichzeitig aber schlichtweg nicht machbar“, stellte VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter fest.

3,89 Milliarden Euro haben die Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften des VdW Rheinland Westfalen im Jahr 2023 in den Gebäudebestand und in den Neubau investiert, und damit im dritten Jahr in Folge knapp vier Milliarden Euro. Mit dem Geld modernisieren die VdW-Mitglieder – Wohnungsgenossenschaften sowie öffentliche, kirchliche, industrieverbundene und privatwirtschaftliche Unternehmen – ihre Gebäude vor allem energetisch und schaffen neue Wohnungen – auch in angespannten Wohnungsmärkten. Problem dabei sind aber die stark gestiegenen Baukosten – sie haben sich allein im Neubau seit 2019 um 44 Prozent erhöht – und das anhaltend höhere Zinsniveau im Vergleich zu den Vorjahren (aktuell zwischen 3,14 und 3,75 Prozent je nach Länge der Zinsbindung). Um nachhaltig und verantwortungsvoll wirtschaften zu können, müssen Investitionen gegenfinanziert werden.

In der Folge steigt auch die Durchschnittsmiete in der sozial orientierten Wohnungswirtschaft. Diese lag 2023 in Nordrhein-Westfalen bei 6,27 Euro pro Quadratmeter, eine Steigerung um 14 Cent gegenüber dem Vorjahr. Die Durchschnittsmiete liegt damit immer noch unter dem Marktdurchschnitt, der zuletzt für NRW im Zensus 2022 mit 6,82 Euro pro Quadratmeter angegeben worden ist. Jedoch wird der Abstand zum Marktdurchschnitt geringer. Beim Mikrozensus 2018 hat die Differenz zwischen VdW-Mitgliedern und Gesamtmarkt in NRW noch bei 1,01 Euro pro Quadratmeter gelegen (Markt: 6,60 Euro/qm; VdW: 5,59 Euro/qm), 2022 lag der Unterschied nur noch bei 0,69 Euro (Markt: 6,82 Euro/qm; VdW: 6,13 Euro/qm). Für 2023 liegen noch keine Gesamtmarktzahlen vor. Dazu Alexander Rychter: „Unsere Mitglieder bieten immer noch günstige Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung an. Aber der Abstand zum Marktdurchschnitt wird geringer. Das liegt daran, dass unsere Wohnungsgenossenschaften und -unternehmen offensichtlich stärker in die energetische Sanierung ihrer Bestände investieren als andere Wohnungsbesitzerinnen und -besitzer.” Waren es 2017 noch 1,27 Milliarden Euro, die VdW-Mitglieder in ihre NRW-Bestände investiert hatten, so liegt dieser Wert seit 2021 konstant über 2,2 Milliarden Euro.

Förderung notwendig für Bauvorhaben

„Energetisch optimierte Häuser herzustellen führt vor allem wegen den aktuellen Baukosten zu steigenden Mieten. Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft versucht, mit innovativen Methoden – wie der seriellen Sanierung – gegenzusteuern. Doch klar ist: Jeder Euro, der nicht über die Förderung gedeckt ist, muss auf andere Weise refinanziert werden, beispielsweise auch durch einen Griff in die Rücklagen, was aber nur begrenzt möglich ist“, so VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter.

Ein wichtiger Teil der Lösung wäre laut VdW Rheinland Westfalen eine attraktive Bundesförderung, die mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist. Stattdessen wolle, so Rychter, die Bundesregierung die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) um 2,4 Milliarden Euro reduzieren. „Das ist genau das falsche Zeichen“, sagte Rychter.

Die hohen Baukosten und die in den vergangenen Jahren verschlechterte Neubauförderung habe dazu beigetragen, dass sich der Wohnungsneubau kaum noch wirtschaftlich darstellen lässt. Dies und die verlässlichen Rahmenbedingugen der NRW-Wohnraumförderung haben laut Rychter dazu geführt, dass auch immer mehr Privatinvestoren zur Wohnraumförderung griffen. Einer aktuellen Umfrage des VdW Rheinland Westfalen mit der NRW.BANK zufolge ist die Wohnraumförderung nach dem Umstand, dass mehr Wohnungen im Markt benötigt werden, der größte Anreiz für Neubauvorhaben (57 Prozent der befragten VdW-Mitglieder sehen in ihr einen Anreiz; nur in der Nachfragesituation sehen mehr VdW-Mitglieder einen Anreiz: 76 Prozent). Das sei auch ein Grund für die Rekordabrufzahlen in der Wohnraumförderung 2023 in Höhe von 1,75 Milliarden Euro – ein Trend der sich in diesem Jahr fortsetze.

Wohnungswirtschaft braucht Partner

Für VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter ist die Energie- und Wärmeversorgung ein großer Hebel, um klimaneutrales Wohnen für Mieterinnen und Mieter bezahlbar umzusetzen. „Wer beispielsweise die Wärme für ein Quartier aus einer klimaneutralen Quelle wie der Sonne bezieht, beheizt alle diese Gebäude mit einem Schlag klimaneutral“, sagt er. Zwar seien auch refinanzierungsbedürftige Investitionen an Gebäuden notwendig, aber lange nicht so viele wie bei der alleinigen Konzentration auf einzelne Gebäudehüllen. Und bei der Wärmewende sei noch ein relativ weiter Weg zu gehen, berichtete Rychter. Wie die bereits zitierte Umfrage mit der NRW.BANK zeigt, bezögen zwar immer weniger VdW-Mitglieder die Wärme aus dem öffentlichen Gasnetz (2024: 84 Prozent; 2023: 90 Prozent). Der Wert sei aber noch relativ hoch mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität in 21 Jahren.

Zur Erreichung dieses Klimaziels setzen die VdW-Mitglieder, wie die Umfrage zeigt, bei Sanierungen und Neubauten vor allem auf Umweltwärme aus Luft, Erde und Grundwasser, die mittels Wärmepumpen ausgenutzt wird (72 Prozent der Unternehmen); Fernwärme aus erneuerbaren Quellen nutzen 34 Prozent.

Für die Umstellung der Energieversorgung weg von Gas und Öl sei die Wohnungswirtschaft aber auf Partner angewiesen – insbesondere bei Energieunternehmen und in Kommunen, sagte Alexander Rychter. „Die Energieversorger müssen Energiewendeermöglicher sein, damit dieser große Umbruch beim Wohnen gelingt“, plädierte Rychter. „Auch wenn es gute Beispiele gibt, ist das aktuell offensichtlich noch nicht überall der Fall.“ Einige Versorger schauten möglicherweise noch zu sehr auf die Einnahmen aus dem Gasgeschäft, analysierte der VdW-Verbandsdirektor. Und auch bei den Kommunen gebe es mit Bochum und Leverkusen Vorreiter, welche die Kommunale Wärmeplanung in Abstimmung mit der örtlichen Wohnungswirtschaft in Angriff nehmen. „Doch auch da sollten diese Beispiele Schule machen. Sonst werden in Gebieten reihenweise Wärmepumpe installiert, wo die Energieversorger eigentlich Fernwärmekunden vermuten“, erklärte Alexander Rychter.

Eine solche Partnerschaft sei auch mit der Politik auf Bundesebene notwendig, so VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter abschließend: „Wir benötigen das gemeinsame Verständnis, dass die Wohnungswirtschaft nur dann alle an sie gestellten Ansprüche erfüllen kann, wenn die Fördermittel und die politischen Rahmenbedingungen dies zulassen. Allein auf technische Innovationen zu hoffen, wird nicht helfen.“

Auf Anfrage senden wir Ihnen gerne einige Grafiken unserer Präsentation als Vektordatei zu. Schreiben Sie einfach eine kurze Mail an presse@vdw-rw.de.

Jahrespressekonferenz 2024

Unter den aktuellen Rahmenbedingungen sind die gesteckten Ziele im Wohnungsbau für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft nicht erreichbar. Diese Einschätzung teilte der VdW Rheinland Westfalen auf seiner Jahrespressekonferenz am 11. September 2024 mit. „Mehr bezahlbare Wohnungen schaffen, mehr Wohnungen neu bauen, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral gestalten, die Energie- und Wärmewende umsetzen – all das soll die Wohnungswirtschaft leisten. Aktuell ist all das gleichzeitig aber schlichtweg nicht machbar“, stellte Verbandsdirektor Alexander Rychter fest.

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Katrin Stamm
Abteilungsleitung Interessenvertretung, Pressesprecherin, Verbandskommunikation und Marketing
Tel.: 0211 16998-94