
Wohnraumförderung: „Nur so können wir zu einem verlässlichen Programm zurückkehren“
In der rheinland-pfälzischen Wohnraumförderung soll ein großer Teil der Anträge erst im kommenden Jahr bewilligt werden, dann nach den neuen Förderkonditionen, die ab 1. Januar 2025 gelten sollen. Das sorgt für Unmut bei Wohnungsunternehmen, weil sie die Befürchtung haben, dass die neuen Bedingungen schlechter sein könnten als die derzeitigen – wobei die Landesregierung das Ziel formuliert hat, die Konditionen konstant attraktiv zu halten. Dies war auch Thema auf dem Wohnungspolitischen Gespräch der rheinland-pfälzischen Wohnungswirtschaft mit Landesfinanzministerin Doris Ahnen und der Architektenkammer Rheinland-Pfalz am 10. Oktober im Zentrum Baukultur Mainz.
„Wege aus der Krise“ hieß der Titel des Wohnungspolitischen Gesprächs, in dem vor allem die Überarbeitung der Landesbauordnung und die Wohnraumförderung als Instrumtente des Landes thematisiert wurden, die dabei helfen könnten, bezahlbares Bauen und Wohnen zu ermöglichen. Der Abend war vom VdW Rheinland Westfalen gemeinsam mit dem VdW südwest, der Architektenkammer und dem Finanzministerium organisiert worden.
In Bezug auf die Wohnraumförderung kritisierte VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter das einstweilige Anhalten vieler Anträge für das derzeitige Förderprogrammjahr. Die Landesregierung hatte erklärt, nur noch solche Anträge noch in diesem Jahr und nach derzeitigen Konditionen zu bewilligen, die bei genehmigtem vorgezogenen Maßnahmenbeginn schon mit dem Bauen begonnen haben. „In den vergangenen Jahren haben wir das Förderprogramm in Rheinland-Pfalz immer wieder gelobt. Es gehörte zu den besten in der Bundesrepublik. Das aktuelle Vorgehen zahlt allerdings nicht auf die gewohnte Zuverlässigkeit ein“, sagte Rychter.
"Das aktuelle Vorgehen zahlt nicht auf die gewohnte Zuverlässigkeit ein."
Verbandsdirektor Alexander Rychter
Doris Ahnen erwiderte, sie hätte diese Entscheidung auch nicht gerne getroffen. Doch es gehe nicht anders. „Wir alle haben die Flut an Anträgen, insbesondere von Bauträgern, nicht kommen sehen. Jetzt müssen wir diesen Schritt gehen. Nur so können wir zu einem verlässlichen Programm zurückkehren.“

Der Entwurf zu den neuen Wohnraumförderbedingungen in Rheinland-Pfalz befanden sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung noch im Anhörungsverfahren. Der VdW Rheinland Westfalen ist in Gesprächen mit dem Finanzministerium, um Verbesserungen gegenüber dem Entwurf zu erreichen. Die Landesregierung hat in diesen den Anspruch formuliert, geringere Tilgungszuschüsse durch höhere Bewilligungsmieten möglichst kompeniseren zu wollen.
Landesbauordnung wird überarbeitet
Einen Schub für das bezahlbare Bauen erhoffen sich Finanzministerin und Wohnungswirtschaft von der Reform der Landesbauordnung, welche die Landesregierung für dieses Jahr angekündigt hat. Darin soll vor allem die Musterbauordnung umgesetzt werden, die im Herbst vergangenen Jahres verabschiedet worden war. Unter anderem werden Abstandsflächen neu definiert, wodurch auch in bereits bebauten Gebieten mehr Wohnungen entstehen sollen.
Die Wohnungswirtschaft wünscht sich in dieser Bauordnung auch Regeln zu der Anzahl von geforderten Stellplätzen in Kommunen. Die Finanzministerin zeigte sich der Diskussion darüber offen, betonte aber, dass die Regeln in Rheinland-Pfalz aus gutem Grund in die Kompetenz der Kommunen gelegt worden sei. Die Menschen sollten das vor Ort diskutierten, weil sie der Verkehr auch unmittelbar beträfe, so die Ministerin.

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