Warum Wohnen in der DDR nicht besser war
Frank Brösicke
Der Diplom-Bauingenieur / Immobilienökonom war in der DDR zunächst Dachdeckergehilfe, dann von 1985 bis 1987 Bauberater und von 1998 an Vorstand Wohnungswirtschaft / Genossenschaftswesen, seit 1991 ist er Vorstandsvorsitzender der AWG Wohnungsbaugenossenschaft „Rennsteig“ eG in Suhl.
Am 9. November vor 35 Jahren fiel die Berliner Mauer, die Folge war die Wiedervereinigung Deutschlands. Für uns ist das ein Grund zurückzublicken: War die Situation in der DDR für die Wohnungswirtschaft früher besser?
Wir haben Frank Brösicke gebeten, diese Frage zu beantworten. Frank Brösicke ist Vorstandsvorsitzender der AWG Wohnungsbaugenossenschaft „Rennsteig“ eG im thüringischen Suhl, und war bereits zu DDR-Zeiten in der Verantwortung.
Gastbeitrag von:
AWG Wohnungsbaugenossenschaft „Rennsteig“ eG
Kennen Sie Suhl? Suhl liegt mitten im Thüringer Wald, nahe am Rennsteig und war zu DDR-Zeiten die Bezirksstadt der südwestlichsten Region, direkt an Bayern und Hessen grenzend.
Als ich 1988 Vorstand der AWG „Rennsteig“ eG wurde, gab es einen staatlich gelenkten Wohnungsmarkt. In einem Wohnungsbauprogramm wurde für jeden Bezirk, jede Stadt geplant, wieviel Wohnungen welchen Typs und welcher Größe in den nächsten drei Jahren für welchen Eigentümer (Genossenschaft oder kommunales Unternehmen) gebaut werden sollten. In Suhl, damals mit rund 54.000 Einwohnern, herrschte wegen guter Arbeitsplatzangebote und wunderschöner Natur, eine enorme Nachfrage nach Wohnraum und es wurde gebaut. Dennoch waren lange Wartezeiten ebenso die Regel wie die sehr niedrigen, staatlich subventionierten Mieten (1,65 M/qm warm). Zudem führte dies wegen der sehr begrenzten Ressourcen der DDR zu einer immer schlechteren Wohnqualität, sowohl bei Neubau wie auch im Bestand.
Heute, 35 Jahre nach dem Mauerfall, ist der Wohnungsmarkt in Suhl ein ganz anderer. Mit dem demografischen Wandel ist die Einwohnerzahl auf etwa 37.000 gesunken, was zu erheblichen Leerständen führte. Bereits über 6.000 Wohnungen mussten durch das kommunale Unternehmen und unsere Genossenschaft abgerissen werden, weil sie nicht mehr benötigt werden. Während auch heute in vielen Regionen unseres Landes Wohnraummangel (wie zu DDR-Zeiten) das drängendste Problem ist, stehen wir in Suhl (und vielen ländlichen Regionen Deutschlands) vor der Herausforderung, den vorhandenen Wohnraum permanent an den schwindenden Markt anzupassen und gleichzeitig energetisch und altersgerecht zu modernisieren.
Freie Wohnungswahl
Heute haben die Menschen die freie Wohnungswahl zwischen Mietwohnungen, Eigentum und Genossenschaft, was allerdings neue Herausforderungen mit sich bringt: In vielen Städten werden Mieten wegen des Wohnraummangels für viele unbezahlbar, während in schrumpfenden Regionen wie Suhl mit einer Durchschnittsnettomiete von 5,50 €/qm Wohnraum (auch weiterhin) zurückgebaut werden muss. Dabei war und soll dennoch die energetische Sanierung nach wie vor zentraler Inhalt sein. Aber: Fassadendämmung ist angesichts eines durchschnittlichen Energieverbrauchs von unter 110 kWh/qm p.a. im Bestand wohl nicht der effizienteste Schlüssel zur Problemlösung. Durch 80% Fernwärme aus Müllverbrennung liegt auch der CO2-Ausstoß im Mittel bei etwa 12 kg/qm jährlich. Wie und mit welchem Ziel soll also noch bezahlbar (und angesichts der niedrigen Mieten auch finanzierbar) verbessert werden?
Das gelegentliche (Ost-)Klischee „Früher war alles besser“ stimmt auch in der Wohnungswirtschaft nicht. Zwar waren die Mieten niedrig, aber die Wohnqualität oft unzureichend. Heute genießen wir mehr Wahlfreiheit und bessere energetische Standards. Doch die Herausforderungen des Marktes, wie überteuerte Mieten hier oder Leerstand da, bleiben bestehen.
Die sozialistische Planwirtschaft war offensichtlich nicht die passende Lösung für die dauerhafte Bewältigung von Wohnungsproblemen. Das Instrument individueller, unternehmerischen Investitionsentscheidungen erscheint da deutlich sinnvoller. Doch die aktuellen Rahmenbedingungen und die Förderkulisse müssen sich stark verändern, um einen zukunftsfähigen, bezahlbaren und nachhaltigen Wohnungsmarkt zu schaffen – sowohl in ländlichen als auch in urbanen Räumen.
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