Wo steht der Holzbau in der sozial orientierten Wohnungswirtschaft?
In Anbetracht der Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen und Bestände klimagerecht und bezahlbar umzubauen, erfährt der Holzbau für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft eine zunehmende Relevanz.
Der Einsatz von Holz bietet erhebliche Vorteile für eine umweltfreundlichere Bauweise, da Holz in der Lage ist, Kohlenstoffdioxid zu speichern und Ressourcen zu schonen. Moderne Holzbauweisen setzen neue Standards in der Planung, Vorfertigung und Qualitätssicherung und können somit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern der Holzbau in Nordrhein-Westfalen bereits integriert ist und welche Perspektiven er für die zukünftige Wohnraumversorgung bietet.
Das who is who des Holzbaus trifft sich
Spannende Einblicke in den Holzbau bot der diesjährige Europäische Kongress des Forums Holzbau (EBH) im historischen Gürzenich in Köln.
Neben interessanten Vorträgen und einem regen fachlichen Austausch wurden auch innovative Produkte vorgestellt, die neue Möglichkeiten im Holzbau aufzeigen. Dabei standen nicht nur klassische Ansätze im Vordergrund, sondern auch frische Ideen und ein erweiterter Blickwinkel auf nachhaltiges Bauen.
Holz erweist sich nicht nur als zukunftsweisender Baustoff, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle beim Erhalt und Wiederaufbau unserer Wälder. Darüber hinaus leistet Holz durch die CO₂-Speicherung und die Substitution energieintensiver Materialien einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Im Panel des VdW Rheinland Westfalen wurde behandelt, wie moderne Konzepte im nordrhein-westfälischen Wohnungsbau bereits umgesetzt werden. Drei Projekte zeigen eindrucksvoll, wie Holz schon heute zu einem vielseitigen und verlässlichen Baustoff für den Wohnungsbau geworden ist.
HANSEeins – Brachflächenrevitalisierung durch Holzbau
Das Projekt HANSEeins der Iserlohner Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (IGW) zeigt, wie Brachflächen durch modernen Holzbau revitalisiert werden können. Das brachliegende Gelände einer ehemaligen Textilfabrik soll in ein zukunftsweisendes Quartier umgewandelt werden. Auf dem ehemaligen Kellergeschoss, dessen Decke heute als öffentliche Terrasse dient, erhebt sich nun ein viergeschossiger Holzbau mit Gastronomie und Dienstleistungen im Zentrum von Iserlohn.
Die Entscheidung für den Holzbau wurde unter anderem durch die Gewichtseinsparung begünstigt, die den Verzicht auf eine zusätzliche Gründung ermöglichte. Dadurch konnten die Baukosten gesenkt werden. Ergänzt wird die Holzkonstruktion durch einen Erschließungskern aus Beton, der nicht nur die Genehmigungsphase erleichterte, sondern auch größere Deckenspannweiten ermöglichte.
Die Verwendung von Holz schafft eine ökologische Alternative zu konventionellen Bauweisen und ermöglicht eine flexible Gestaltung der Gebäudekubatur im Zusammenhang mit dem Bestand. Das Projekt zeigt, dass Brachflächen neue Potenziale entfalten können. Einziger Wermutstropfen: Die Wohnbebauung, die das Ensemble komplettieren sollte, ist aufgrund der Förderkulisse derzeit ausgesetzt.
Trotz dieser Herausforderungen und Baukostensteigerungen plant die IGW, in den nächsten Bauabschnitten geförderten Wohnungsbau als Holzbau zu realisieren. Dies unterstreicht das Engagement der Gesellschaft, weiterhin «günstiges Wohnen» anzubieten und gleichzeitig innovative, nachhaltige Baukonzepte umzusetzen.
Holzbau in der Bewirtschaftungspraxis – Herausforderung oder Selbstläufer?
Der dritte Vortrag befasste sich mit den Erfahrungen bei der Anwendung des Holzbaus. Dabei wurden einige Herausforderungen angesprochen, wie z.B. die Notwendigkeit, die Nutzer umfassend über die Besonderheiten des Holzbaus zu informieren und technische Anpassungen an gewohnte Standards vorzunehmen. Es wurde deutlich, dass eine frühzeitige Information der Mieter über die Besonderheiten des Holzbaus unerlässlich ist. Im Bereich der Instandhaltung konnten durch konkrete Nutzererfahrungen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. So ist es beispielsweise wichtig, die Lage von Schwerpunkten zu kennen. Ein weiterer Aspekt, der durch konkrete Beispiele aus der Praxis unterstrichen wurde, ist die natürliche Bewegung des Holzes, die Rissbildungen begünstigen kann. Hier sind Sollbruchstellen in den Innenecken der Wände eine sinnvolle Maßnahme um Schäden vorzubeugen.
Trotz dieser Eigenarten überwiegen die Vorteile des Holzbaus deutlich. Ressourcenschonung, Energieeffizienz und eine hohe Lebensqualität für die Bewohner sind entscheidende Pluspunkte. Gerade in Zeiten hohen Wohnraumbedarfs ist die kurze Bauzeit ein wesentlicher Vorteil, da Wohnraum schneller zur Verfügung gestellt werden kann.
So bot der EBH-Kongress spannende Einblicke in die Potenziale und Herausforderungen des modernen Holzbaus und machte deutlich, dass Holz ein wichtiger Baustoff der Zukunft ist. Holz steht heute in ausreichenden Mengen zur Verfügung und wartet nur darauf, als Klimaheld verbaut zu werden.
Zum Verbandsmitglied
Die GWG Rhein-Erft hat zwischen 2017 und 2024 insgesamt acht Holzbauprojekte umgesetzt.
„Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Holzbau nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch eine Vielzahl an gestalterischen und baulichen Möglichkeiten bietet. Zudem kommt er bei unseren Mieter gut an!“
Klaus Pelzer, Geschäftsführer der GWG Rhein-Erft
Projekt «Woodstöckchen» – Quartiersentwicklung in Holz
„Woodstöckchen“ ist die aktuelle Planung eines urbanen Wohnquartiers in Köln Bilderstöckchen. Das Projekt verbindet modularen Holzbau mit intelligenten Mobilitäts- und Energiekonzepten. Vier Gebäudezeilen mit kompakten, durchgesteckten Grundrissen bilden die Basis des Quartiers. Die Grundkonstruktion in Holzmassivbauweise wird durch Außenwände in Holzrahmenbauweise ergänzt. Vorgefertigte Badmodule sollen den Bauablauf weiter verkürzen. Die vorgelagerte Laubengangstruktur in Stahlbetonmassivbauweise beinhaltet sowohl die vertikale Erschließung als auch den Zugang zum ersten und zweiten baulichen Rettungsweg.
Derzeit sind vier Geschosse geplant, wobei eine mögliche Aufstockung um ein weiteres Geschoss in der Planung berücksichtigt wurde. Der Baustoff Holz spielt hier sowohl konstruktiv als auch visuell eine zentrale Rolle und zeigt, dass er im urbanen Umfeld zukunftsweisende Lösungen bieten kann, insbesondere wenn Anpassungsmaßnahmen von Anfang an mitgedacht werden.
Zum Projekt
In der Ludwigsburger Straße in Köln-Bilderstöckchen entsteht demnächst Köln größter Wohnungsneubau in Holzbauweise.
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