Welche Energieform wird vorherrschen, wenn NRW klimaneutral heizt?
Klaus Vogel
Klaus Vogel arbeitet im Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und ist dort für die Begleitung der Wärmewende zuständig.
Klaus Vogel war als Experte an der Wärmepotenzialanalyse für Nordrhein-Westfalen beteiligt, die Anfang September vorgestellt wurde. Erforscht wurde, wo in NRW welches Potenzial an erneuerbaren Wärmequellen existiert. Wie hat das LANUV die Daten zusammengetragen – und wleche Energieform wird in Zukunft seiner Meinung nach vorherrschen? Ein Gespräch.
Weshalb ist die Potenzialanalyse zur Wärmeversorgung in NRW so wichtig?
Klaus Vogel: Die jetzige Wärmeversorgung in NRW beruht zu einem sehr großen Teil auf fossilen Energien. Mit dem Ziel der Klimaneutralität in der Wärmeversorgung bis 2045, muss die Wärmeerzeugung komplett auf klimafreundliche und erneuerbare Energien umgestellt werden. In der Studie ging es nun darum herauszufinden, wo regional erneuerbare Wärmequellen vorliegen und welchen Beitrag sie für die zukünftige Wärmeversorgung der Gebäude in NRW liefern können. So wurde einerseits eine zentrale Datengrundlage für die kommunale Wärmeplanung geschaffen und andererseits verschiedene Wege aufgezeigt, wie das Ziel erreicht werden kann.
Wie haben Sie eigentlich die lokalen Potenziale herausgefunden?
Klaus Vogel: Zuerst ging es darum herauszufinden, wo der Wärmebedarf der Gebäude besonders hoch ist und wie sich dieser bis 2045 entwickeln könnte. Hierzu wurde das vorhandene Wärmebedarfsmodell des LANUV grundlegend überarbeitet und aktualisiert und in drei verschiedenen Sanierungsszenarien fortgeschrieben. So wurde einerseits ermittelt, wie der Wärmebedarf sich entwickelt, wenn die Sanierungsgeschwindigkeit so bleibt wie in den letzten Jahren und andererseits, wenn die Geschwindigkeit sich erhöht bzw. deutlich erhöht.
Bei der Potenzialermittlung war anschließend das Ziel, ein umfassendes Bild aller möglichen klimafreundlichen und erneuerbaren Wärmequellen in NRW zu erlangen. Einige der Quellen, wie beispielsweise die oberflächennahe Geothermie besitzen dabei eher eine Relevanz bei der Einzelobjektversorgung oder bei lokalen Nahwärmenetzen. Andere, wie beispielsweise die Industrielle Abwärme oder die Tiefe Geothermie, können in der Regel erst durch Wärmenetze nutzbar gemacht werden. Für jede einzelne Technologie beziehungsweise Wärmequelle wurde untersucht, wie hoch die theoretischen und technischen Potenziale regional sind und welche Rolle sie bei der zukünftigen Wärmeversorgung der Gebäude einnehmen können.
„Das Potenzial an erneuerbarer Wärme ist auf jeden Fall ausreichend vorhanden”
Klaus Vogel
Gab es für Sie überraschende Ergebnisse?
Klaus Vogel: Da wir uns in der Studie mit allen verfügbaren Potenzialen beschäftigt haben war dies ein länger andauernder Prozess, in dem wir uns intensiv mit allen Wärmequellen auseinandergesetzt haben. Dementsprechend haben sich innerhalb der Bearbeitungszeit schon manche Dinge abgezeichnet und die Überraschung war nachher nicht mehr sonderlich groß.
Einige Ergebnisse kann man aber hier herausstellen. Zum einen, dass das theoretische oder technische Potenzial der klimafreundlichen und erneuerbaren Wärmequellen in NRW den Wärmebedarf der Gebäude weit übersteigt, das Potenzial ist demnach ausreichend vorhanden. Von zentraler Bedeutung ist es jedoch, dass die Wärmenetze in NRW weiter ausgebaut werden, damit viele der erneuerbaren Wärmequellen auch nutzbar gemacht werden.
Es lässt sich zudem festhalten, dass die dominierende Heizungsart für die Wärmeversorgung der Gebäude die Wärmepumpe sein wird und dementsprechend die klimaneutrale Wärmeversorgung auch stark davon abhängig ist, wie viel erneuerbarer Strom zukünftig zur Verfügung stehen wird. Hier ist es auch wichtig zu erwähnen, dass durch eine stärkere Reduktion des Wärmebedarfs nicht nur weniger Wärme erzeugt werden muss, sondern auch der Strombedarf innerhalb des Wärmesektors sinkt.
Nach Ihren Ergebnissen: Welche Energieform wird vorherrschen, wenn NRW einmal klimaneutral heizt?
Klaus Vogel: Mit der Szenarienanalyse haben wir in der Studie verschiedene Wege ermittelt, wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Gebäude sichergestellt werden kann. Dabei stellte sich in allen Szenarien heraus, dass die Wärmepumpe zu einem großen Teil der Wärmeversorgung der Gebäude beitragen wird. Jedoch werden vor allem dort, wo der Wärmebedarf ausreichend groß ist, Wärmenetze eine große Rolle spielen. Hier kommt es dann an die Gegebenheiten vor Ort an, welche Wärmequelle genutzt werden kann. Gesamt NRW betrachtet spielt dabei die Nutzung unvermeidbarer Abwärme und die energetische Nutzung des Abwassers eine große Rolle. Aber auch bei der mitteltiefen und tiefen Geothermie, der energetischen Nutzung der Gewässer oder der thermischen Abfallbehandlung besteht ein hohes Potenzial. Die Modellierung hat zudem ergeben, dass das Thema Wasserstoff in der dezentralen Versorgung fast keine und die energetische Nutzung der Biomasse, sei es in der dezentralen oder leitungsgebundenen Versorgung, nur eine untergeordnete Rolle spielen wird.
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