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N°1 – Der perfekte Sturm

Sondervermögen und Effekte für die Bau- und Immobilienwirtschaft

Die neue Bundesregierung hat ein umfassendes Finanzpaket für höhere Verteidigungsausgaben und Infrastrukturinvestitionen beschlossen. Ausgaben für Verteidigung, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, sollen künftig über neue Kredite finanziert werden. Ebenso will sie ein 500 Mrd. Euro schweres Sondervermögen schaffen, das für Investitionen in Infrastruktur dienen soll. Auch das Sondervermögen soll kreditfinanziert werden, daher würden wesentlich mehr Bundesanleihen emittiert.

Gastbeitrag von:

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Prof. Dr. Günter Vornholz

Geschäftsführer, ImmobilienResearch Vornholz GmbH

Prof. Dr. Vornholz

Prof. Dr. Günter Vornholz ist Geschäftsführer der in 2023 gegründeten ImmobilienResearch GmbH. Diese steht für eine unabhängige, kritische Analyse der Immobilienwirtschaft und der Immobiliengesellschaft.

Gegenläufige Trends auf dem Kapitalmarkt

Es gibt zwei gegenläufige Trends auf dem Kapitalmarkt. Zum einen wird der Staat zur Finanzierung der Finanzpakete auf dem Kapitalmarkt zusätzlich als Nachfrager auftreten. Um Investoren den Kauf von Bundesanleihen attraktiv zu machen, müssen höhere Zinsen geboten werden. Die Anleihemärkte reagierten bereits auf die Ankündigung einer geplanten Ausweitung der Schulden mit höheren Renditen der langjährigen Bundesanleihen, was sich aber auch schon ein wenig relativierte. 

Zum anderen will die Europäische Zentralbank (EZB) ihre expansive Politik fortsetzen und den Leitzinssatz senken. Es sollen bis zum Jahresende noch zwei weitere Zinssenkungen erfolgen. Zinspolitisch überwiegen perspektivisch die negativen Zinswirkungen der höheren Staatsausgaben, sodass mit einem Anstieg der langfristigen Zinsen zu rechnen ist, aber sicherlich nicht so stark wie im Jahr 2022.

Die Bau- oder Hypothekenzinsen orientieren sich an der Entwicklung der Renditen für langfristige Bundesanleihen, daher ist hier auch ein Anstieg zu erwarten. Für die Entwicklung der langfristigen Zinsen sind die Bedingungen auf den Anleihemärkten bedeutender als die EZB-Entscheidungen. Die Hypothekenzinsen, die in diesem Jahr bislang zwischen 3,0 und 3,5 Prozent lagen, werden leicht ansteigen. Es ist damit zu rechnen, dass die Bauzinsen bei rund 4,0 Prozent zum Jahresende liegen werden. 

 
Auf der einen Seite sind durch den Anstieg der Hypothekenzinsen verschiedene, eher negative Folgen für die Immobilienmärkte zu erwarten. Die Bauindustrie wird belastet durch die leicht höheren Zinsen, da die Baukosten (Material- und Arbeitskosten) auf dem erreichten Niveau stabil bleiben. Durch die Zinserhöhungen wird die Zwischenfinanzierung teurer und insgesamt der Bau von Immobilien. Die leicht höheren Zinsen werden die Erholung im Baugewerbe verzögern.
 
Steigende Zinsen führen zu einer geringeren Nachfrage auf dem Investmentmarkt, auf dem Immobilien als Assets gehandelt werden. Infolge des steigenden Zinsumfelds ist mit steigenden Anfangsrenditen zu rechnen, die über niedrigere Kaufpreise erfolgen werden. Das würde die Erholung der Immobilienpreise, die in letzter Zeit eingesetzt hat, unterbrechen.
 
Bei der Finanzierung bestehender Immobilien ist zu berücksichtigen, dass es in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Kaufpreise kam. Die Immobilienpreise sind auf breiter Front seit dem Jahr 2022 deutlich zurückgegangen. So wird der Preisrückgang teilweise den aktuellen Zinsanstieg kompensieren können.
 
Auf der anderen Seite bieten die Sondervermögen eine große Chance für die Modernisierung der Gesamtwirtschaft. Wenn der Staat massiv in die Infrastruktur investiert, wird das große Wachstumswirkungen haben und den Rückstau an notwendigen Investitionen in die Infrastruktur abbauen.
 
Von den Investitionsprogrammen werden durch mehr Aufträge auch die Bau- und Immobilienwirtschaft profitieren. Dies wird bei dem Infrastrukturprogramm wesentlich stärker als bei höheren Verteidigungsausgaben sein. Im Koalitionspapier wird beim geplanten Infrastruktur-Sondervermögen der Wohnungsbau nicht explizit genannt. Zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes soll aber der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut werden. Der so ausgelöste Wirtschaftsaufschwung kommt den Haushalten mit steigenden Einkommen zu Gute und verbessert die Nachfrage nach Immobilien.
 
 

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