ERP-System: Installation starten
«Ein Systemwechsel ist, selbst wenn er perfekt vorbereitet ist, immer mit Schmerz verbunden.»
– Stefan Brüning
Stefan Brüning
Stefan Brüning ist Prokurist der VdW Treuhand GmbH. Das Unternehmen ist 100-prozentige Tochter des VdW Rheinland Westfalen und bietet Lösungen in den Bereichen Finanzmanagement, Versicherungsmanagement sowie Betriebswirtschaft und Rechnungswesen.
Quelle: VdW Treuhand
Wer eine neue Enterprise-Resource-Planning-Software (kurz ERP) einführt, legt Hand an das digitale Herz eines Unternehmens bzw. einer Genossenschaft. Ein solcher Neustart will daher gut geplant sein.
Daten und Menschen – daran können Softwareumstellungen zuweilen scheitern. Das weiß Stefan Brüning aus eigener Erfahrung. Der Prokurist der VdW Treuhand GmbH hat die Einführungen neuer Software bereits in seinem früheren Job bei einem großen Softwareunternehmen begleitet. „Das Schlechteste, was man machen kann, ist seine Mitarbeitenden einfach nur über einen Softwarewechsel zum Termin X zu informieren“, sagt er. Das gehe in jedem Fall schief. Eine Chefin bzw. ein Chef müsse seine Mitarbeitenden in den Prozess einbeziehen.
Im ERP-System werden die wesentlichen Daten eines Wirtschaftsbetriebs hinterlegt: Zahlungseingänge, -ausgänge – die gesamte Buchhaltung wird darüber abgewickelt; hier sind die Stammdaten der Mieterinnen und Mieter hinterlegt; hier finden die Geschäftsprozesse ihren digitalen Niederschlag; die hier hinterlegten Zahlen sind Grundlage der Geschäftsbilanz. Ein Update der bestehenden ERP-Software oder gar die Einführung eines neuen Programms gleicht da fast einer Operation am offenen Herzen.
Operation am offenen Herzen
Dass diese Operation in Wohnungsunternehmen ansteht, liegt in der Regel am Softwarehersteller, die in regelmäßigen Abständen neue Software-Versionen einführen. Von sich aus strebt kaum ein Unternehmen eine ERP-Umstellung an, denn der Aufwand kann enorm sein. „Ein Systemwechsel ist, selbst wenn er perfekt vorbereitet ist, immer mit Schmerz verbunden“, sagt er. Der Schmerz entstehe vor allem in der Belegschaft, weil jeder, der mit dem ERP-System arbeite, aus seinem gewohnten Arbeitsumfeld herausgerissen werde. „Das kann Ängste auslösen, in jedem Fall aber Schulungsbedarf.“
Wenn ein Unternehmen diese Sorgen der Mitarbeitenden nicht ernst nehme, riskiere es die Unterstützung der Belegschaft, so Brüning weiter, was sich auf das Klima im gesamten Wohnungsunternehmen auswirken könne.
Und wer sich für einen Wechsel des Anbieters entscheidet, dem steht dazu noch eine gewaltige Aufgabe bevor: die berüchtigte „Datenmigration“. Alle Zahlen und vor allem Adressen müssen von dem einen in das andere Programm transferiert werden. Und da gerät der Neustart des Öfteren ins Stocken. Ein doppelt angelegter Kontakt in den Stammdaten, unterschiedliche Schreibweisen von Straßen oder Telefonnummern in verschiedenen Datenfeldern können da beispielsweise zum Problem werden. Bei einer Datenmigration muss die Datenqualität daher vorher eingehend geprüft werden.
Und selbst nach einem solchen Check klagt der neue Anbieter nicht selten über die Datenqualität des alten Anbieters. Das Wohnungsunternehmen sitzt da zwischen den Stühlen. Und allzu viel Auswahl an ERP-Systemen für die Wohnungswirtschaft besteht auch nicht. „Der Markt hat sich auf drei bis vier Anbieter konzentriert“, berichtet Stefan Brüning.
ERP-Systeme
Eine Enterprise-Resource-Planning-Software bildet die zentralen Geschäftsprozesse eines Unternehmens ab, wie etwa Finanzen, Vermietung und Kommunikation mit Mieterinnen und Mietern im Fall von Wohnungsunternehmen. Die Software zu ändern betrifft daher auch das gesamte Unternehmen und die Mitarbeitenden. Die oben skizzierten Schritte sollten deshalb im Idealfall aufeinander abgestimmt werden und aufeinander folgen.
Projekt muss gemanagt werden
Doch egal ob Update oder Anbieterwechsel: Ein ERP-Neustart ist ein Projekt, das eines Managements bedarf und nicht mit dem Drücken eines Reset-Buttons erledigt ist. Ein bis anderthalb Jahre vorher muss laut Brüning der Umstellungszeitpunkt festgelegt werden, und zwar in Absprache mit den Mitarbeitenden. Eine Umstellung inmitten des Jahresabschlusses ist beispielsweise eher ungünstig, vielleicht aber unmittelbar nach der Betriebskostenabrechnung.
Typisch Projektmanagement: Ein Zeitstrahl mit Meilensteinen, wann das Unternehmen und wann der Anbieter welche Arbeiten erledigt haben muss, gehört ebenso dazu wie eine Person im Unternehmen, die für das Projekt verantwortlich ist. „Ein Projekt, das nicht sauber durchgeplant ist, ist zum Scheitern verurteilt“, so Brüning. Für die eine oder andere Genossenschaft, das eine oder andere Unternehmen könne es dabei Sinn ergeben, das Projektmanagement an einen externen Projektsteuerer auszulagern.
Projekthilfe auf Zuruf sei für alle Seiten, Wohnungsunternehmen und Anbieter, extrem frustrierend, weil grundlegende Dinge im bereits laufenden Betrieb noch einmal angefasst werden müssen. Man stelle sich vor, die importierten Daten müssen korrigiert und noch einmal hochgeladen werden, im neuen System sind aber bereits Änderungen gemacht worden. Ähnlich sei es, wenn Wohnungsunternehmen auf notwendige Schulungen verzichten. Die Mitarbeitenden gehen dann mit der neuen Software nicht richtig um. Ein Stotterstart.
Geschäftsprozesse hinterfragen
Das Projektmanagement ist laut Stefan Brüning auch deshalb so wichtig, weil Software-Anbieter ein Projekt auch nach ihren Interessen planen, die aber nicht immer mit den Interessen des Wohnungsunternehmens bzw. der -genossenschaft übereinstimmen müssen. Der Anbieter könnte beispielsweise vor allem die Implementierung der Software im Sinn haben, das Wohnungsunternehmen aber sollte möglicherweise erst einmal seine Geschäftsprozesse verschlanken, beschleunigen oder gar abschaffen.
„Die Geschäftsprozesse sollten deshalb dokumentiert und hinterfragt werden – von der Kündigung bis zur Neuvermietung“, erklärt Brüning. Ein Neustart biete die Chance, stärker zu automatisieren. So hält er es beispielsweise für sinnvoll, Zahlungsströme wie Mieten automatisch nach Eingang auf dem Konto im System verbuchen zu lassen. Das muss die Buchhalterin bzw. der Buchhalter dann nicht mehr händisch machen. Ein anderes Beispiel sei die digitale Wohnungsabnahme, die automatisch vom System erfasst wird.
ERP-Systeme können eine Vielzahl solcher Funktionen abbilden. Welche eingekauft und individuell auf das Unternehmen bzw. die Genossenschaft angepasst werden, müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Aber auf jeden Fall zu Beginn des Prozesses. Gewissermaßen vor dem Neustart.
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