
Birkenfeld: Aus „Feldwebelhäusern“ werden Wohnungen
Der Wohnpark im Schönenwald soll ein Neustart sein. Ein Neustart für das ehemalige Kasernengelände am Rande Birkenfelds und ein neues Kapitel für die Firmengeschichte der KSG Kreissiedlungsgesellschaft Birkenfeld GmbH.
2017 verließ die Bundeswehr die Heinrich-Hertz-Kaserne in Birkenfeld, eine geschichtliche Zäsur für die Stadt. 2022 erwarb die Entwicklungsgesellschaft Heinrich Hertz Campus Birkenfeld mbH, an der auch die Stadt Birkenfeld beteiligt ist, das Gelände. Ziel der Entwicklung ist es, das Gebiet in die Stadt zu integrieren, ein lebendiges Quartier soll entstehen, das Wohnen, Arbeiten und Freizeit miteinander verbindet.
Einer der ersten sichtbaren Punkte, die diese Entwicklung vorantreiben sollen, ist die Sanierung der „Feldwebelhäuser“ am Eingang der alten Kaserne. Und darum kümmert sich die KSG. Sie setzt damit das erste Zeichen für die Konversionsfläche. Für die KSG selbst öffnet sich damit ein neues Kapitel.
Klimaneutralität finanzieren
Denn die Wohnungen im bisherigen Bestand der KSG sind zum größten Teil für Menschen gedacht, die sich sonst aufgrund ihrer Einkommenssituation kaum auf dem Wohnungsmarkt bedienen könnten. Die Durchschnittsmiete liegt bei 4,70 Euro. Im Wohnpark im Schönenwald entstehen auch keine Luxuswohnungen, aber für Familien mit mittlerem Einkommen. Wie hoch der Mietpreis im Jahr 2026 sein wird, wenn das Projekt abgeschlossen ist, kann KSG-Geschäftsführer Michael Schunck noch nicht sagen. „Klar ist: Das Objekt wird sich wirtschaftlich selbst tragen müssen, um auf der anderen Seite die notwendigen Investitionen in einen klimaneutralen Gebäudebestand stemmen zu können“, sagt er. Denn auch die übrigen 600 Wohnungen wird die KSG so sanieren müssen, dass sie klimagerecht sind.
„Klar ist: Das Objekt wird sich wirtschaftlich selbst tragen müssen, um auf der anderen Seite die notwendigen Investitionen in einen klimaneutralen Gebäudebestand stemmen zu können»
Michael Schunck

Die Feldwebelhäuser, zwei mit einander verbundene zweistöckige Bauten, sind von Wald umsäumt und liegen direkt neben einem Wildpark. Doch so idyllisch die Lage, so marode waren auch die Gebäude aus den 1960er-Jahren. Damit 12 moderne, barrierearme Wohnungen in ihnen Platz finden, müssen sie kernsaniert werden. Im Sommer 2024 war nur noch der Rohbau übrig. Aus dem einstigen Spitz- wird ein Flachdach werden. Im Innern entstehen die mit Abstand modernsten Wohnungen des kommunalen Unternehmens – mit 77 bis 111 Quadratmetern Grundfläche. Energetisch ist der KfW-70-Standard geplant.

Bisher hatte es acht Wohnungen in den beiden Gebäuden gegeben. „Wir werden mit Holzbauweise noch eine zusätzliche Etage aufstocken, sodass vier zusätzliche Wohnungen entstehen“, erklärt KSG-Geschäftsführer Schunck. Insgesamt etwa drei Millionen Euro wird das Projekt kosten, 1,2 Millionen Euro davon werden zinsvergünstigt über die KfW finanziert.
100 Prozentig will sich Schunck aber noch nicht auf die drei Millionen Gesamtkosten festlegen. „Bei einer solchen Kernsanierung erwarten einen ja immer mal wieder Überraschungen. Schadstoffbelastete Bauteile haben wir in Genüge gefunden“, berichtet er. Aber auch eher Skurriles: „In einem waren drei komplett unterschiedliche Fußbodenaufbauten drin. Möglicherweise wurde da genommen, was noch an Baustoffen übrig war, zum Teil hochgradig gesundheitsgefährdende.“
Doch Schunck hat bei all den Schwierigkeiten bereits die Vision vor Augen, wie die Mehrfamilienhäuser aussehen werden. Und mit welchem Stolz dann das gesamte Team auf diesen Kraftakt blicken kann.
Ein halbes Jahrhundert lang beherbergten die Feldwebelhäuser hochrangige Bedienstete der Luftwaffendivision, direkt am Haupttor der Kaserne. Und sie sind heute der Auftakt für die Entwicklung des angrenzenden 23,4 Hektar großen Areals am Rande der Stadt. Laut Entwicklungssgesellschaft soll hier Gewerbe aus dem IT-Business und der Gesundheitsbranche angesiedelt werden und eine Kita entstehen.

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